Obama will die Kopfjagd fortsetzen

Pakistan fürchtet, dass die selbstherrliche Kommandoaktion der USA Schule macht

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 3 Min.
Ermutigt durch den Erfolg der »Operation Geronimo« gegen Osama bin Laden in Abbottabad – und von wachsender Zustimmung in den USA –, sieht sich Barack Obama zu weiterer Kopfjagd auf Terrorverdächtige in Pakistan berechtigt. Und die pakistanische Regierung scheint mit den USA in einen Wettbewerb um die wichtigsten Trophäen treten zu wollen.

Barack Obama behalte sich das Recht vor, auch künftig gegen Terroristen vorzugehen, die sich in Pakistan aufhalten, verkündete sein Sprecher Jay Carney am Mittwoch (Ortszeit). Schon im Wahlkampf 2008 hatte Obama als Präsidentschaftskandidat angekündigt, er werde gegen Osama bin Laden oder andere Führer des Terrornetzwerks auch in Pakistan vorgehen, wenn die dortige Regierung »unfähig oder nicht willens« sei zu handeln. Durch mehr als 100 Angriffe unbemannter US-amerikanischer Drohnen kamen seit Obamas Amtsantritt in Pakistan bereits über 670 Menschen ums Leben. Oft genug trafen die Angriffe Unschuldige.

Dagegen setzte sich Salman Ba-shir, Staatssekretär im pakistanischen Außenamt, am Donnerstag abermals gegen Behauptungen zur Wehr, der pakistanische Geheimdienst ISI habe Bin Laden jahrelang gedeckt. Dieser »falsche Vorwurf« könne durch nichts belegt werden. Die Regierung in Islamabad sieht sich ungeachtet dessen genötigt, ihre Verbundenheit mit den USA im »Krieg gegen den Terror« unter Beweis zu stellen. Nach Medienberichten will sie nun ihrerseits den ebenfalls in Pakistan vermuteten obersten afghanischen Taliban Mullah Mohammad Omar und den mutmaßlichen Bin-Laden-Stellvertreter Eiman al-Sawahiri fassen. Die Zeitung »The News« kündigte jedenfalls unter Berufung auf Sicherheitskreise eine »massive Suchaktion« vor allem in der westpakistanischen Stadt Quetta und den Stammesgebieten an der pakistanisch-afghanischen Grenze an. »Ziel ist es, Mullah Omar oder den ägyptischen Arzt Eiman al-Sawahiri so schnell wie möglich zu ergreifen, sollten sie sich in Pakistan versteckt halten«, schrieb die Zeitung.

Tatsächlich fürchtet Islamabad wohl vor allem um die US-amerikanische Finanzhilfe. Nicht ohne Grund. 18 Milliarden Dollar – in erster Linie für das Militär – haben die USA in den vergangenen zehn Jahren nach Pakistan überwiesen. Nun aber forderte die Kongressabgeordnete Kay Granger in einem Brief an Außenministerin Hillary Clinton sogar, ein 200-Millionen-Dollar-Hilfsprogramm für Opfer der verheerenden letztjährigen Überschwemmungen in Pakistan einzufrieren.

Und noch einen Grund hat Islamabad, weiteren Verletzungen seiner Souveränität zuvorzukommen: Das USA-Beispiel könnte Schule machen. Hohe indische Militärs haben bereits den Gedanken laut werden lassen, auch sie könnten derlei Tötungskommandos gegen Extremisten in Pakistan aussenden. Staatssekretär Bashir warnte für diesen Fall vor einer »Katastrophe«.

In den USA hat Präsident Obama mit seinem Einsatzbefehl derweil erheblich Boden gutgemacht. Einer Umfrage der »New York Times« und des Fernsehsenders CBS zufolge loben neuerdings 72 Prozent der US-Amerikaner den Chef des Weißen Hauses für seine Entschlossenheit in Sachen Terrorbekämpfung. Vor der Tötung des Erzfeinds waren es lediglich 51 Prozent. Ungeachtet dessen fürchten mehr als 60 Prozent der US-Amerikaner, dass die Terrorgefahr nun gewachsen ist. Die große Mehrheit fühlt sich nach dem Tod Bin Ladens keinesfalls sicherer.

Ganz ohne Bedenken ist auch Obama nicht: Um nicht zu weiterer Gewalt anzustacheln, verweigert er die Veröffentlichung von Fotos des getöteten Al-Qaida-Chefs. Die »sehr drastischen« Bilder könnten von dessen Anhängern als Propagandawerkzeug benutzt werden, sagte der Präsident gegenüber CBS. Am Donnerstag legte Obama im Gedenken an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 am Ground Zero in New York einen Kranz nieder.

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