OlympiJa besiegt NOlympia
Winterspiele 2018: Den Bürgerentscheid in Garmisch-Partenkirchen gewinnen die Olympiabefürworter
Eine allerletzte Entscheidungshilfe baumelte am Sonntagfrüh an jeder Gartenpforte der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen: Ein »Lebkuchenherz« aus Pappe, auf dem mit blauweißem »Zuckerguss« ein weiteres Mal um Stimmen für die Olympia-Bewerber gebuhlt wurde: »Ich bin dabei am 8. Mai. Meine Stimme für Olympia!«
Ein letztes Zeichen der finanziellen und werbetechnischen Überlegenheit der Pro-Olympia-Fraktion, die dann am Abend tatsächlich triumphierte: Als gegen 20.40 Uhr der letzte der 14 Stimmbezirke ausgezählt war, jubelten die Olympiabefürworter. Ihr »Bürgerentscheid 1« kam demnach auf eine Zustimmung von 58 Prozent, während der »Bürgerentscheid 2« der NOlympia-Initiative mit 49,41 Prozent knapp die Mehrheit verpasste. 65 Stimmen mehr für die Gegnerund es wäre zur »Stichfrage« gekommen: Da fielen die rund 1300 ungültigen Stimmen im Bürgerentscheid der Olympiagegner besonders schwer ins Gewicht.
War das nun eine knappe Entscheidung pro Olympia oder eine deutliche Niederlage für die Gegner? Axel Doering von der NOlympia-Initaitive war sich nicht sicher. Immerhin stünde fest, dass man die Bewerbung »nun nicht mehr stoppen« könne, sondern nur noch den Zuschlag. Und die Rechtmäßigkeit der IOC-Verträge wolle man trotzdem auf den Prüfstand stellen: »Die Bewerbung braucht weiterhin kritische Beobachter.« Denn die Mängelliste ist lang: hohe Kosten, schwere bauliche Eingriffe in ein enges Tal, Gefährdung der einheimischen Landwirtschaft und des Ökosystems.
Noch 57 Tage, dann wird in Durban (Südafrika) über die Vergabe der Olympischen Winterspiele entschieden, um die sich neben München (samt Garmisch-Partenkirchen und Königssee) und dem vermutlich aussichtslosen Annecy (Frankreich) auch Pyeongchang (Südkorea) bewirbt – bereits zum dritten Mal. Die Südkoreaner gelten von daher als klare Favoriten.
Der Sieg der Olympiabefürworter in Garmisch-Partenkirchen sorgte für Erleichterung bei den Münchener Bewerbern, schließlich hat ein zwei Jahre währender Streit ein vorläufiges Ende gefunden. Dementsprechend erfreut zeigte sich der Münchener OB Christian Ude (SPD). Er sehe im Garmischer Abstimmungsergebnis »ein klares Votum, das den Rücken stärkt«.
Auch DOSB-Präsident Thomas Bach war zufrieden. Er sagte gestern, er sei sehr glücklich, »dass die schweigende Mehrheit zur sprechenden Mehrheit« geworden ist. Dass selbst »im kritischsten Ort diese hohe Zustimmung« erreicht wurde, werde beim IOC sicherlich positiv angenommen. Er hoffe, die Olympiagegner würden sich nun an die »demokratischen Spielregeln« halten. Und Michael Vesper, Aufsichtsratchef der Bewerbungsgesellschaft, verriet der Nachrichtenagentur dpa, er sei »froh, dass diese nervige Auseinandersetzung jetzt vorbei ist«.
Ob bei den IOC-Mitgliedern eine Zustimmung von 60 Prozent als Argument durchgeht, bleibt allerdings abzuwarten. Heute veröffentlicht die elfköpfige Evaluierungskommission ihren Prüfbericht über die Tauglichkeit der drei Bewerber. Am kommenden Sonntag und Montag stellen die drei Kandidatenstädte im Hauptquartier des Internationalen Olympischen Komitees in Lausanne (Schweiz) ihre Konzepte den IOC-Mitgliedern vor. 45 Minuten dauert die jeweilige Präsentation, zu der alle IOC-Mitglieder eingeladen sind.
Während der 123. Session in Durban bestimmt die IOC-Vollversammlung am 6. Juli den Gastgeber der Winterspiele 2018, nachdem sich die Bewerber in der Reihenfolge München, Annecy und Pyeongchang noch einmal jeweils 45 Minuten präsentiert haben. Nicht immer wird der beste Kandidat dabei auch der Sieger.
Zumindest bis zu diesem Tag wird die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen wohl gespalten bleiben in ihrer Haltung zu Winterolympia 2018.
Bürgerentscheide zur Olympiabewerbung in Garmisch-Partenkirchen:
Ergebnis zum Bürgerentscheid zur Olympiabewerbung am 08.05.2011
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