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Keine Gleichsetzung der Diktaturen
Potsdamer Gedenkstätte in altem Gefängnis des sowjetischen Geheimdienstes wird umgestaltet
In der Potsdamer Leistikowstraße unterhielt der sowjetische Geheimdienst einst ein Untersuchungsgefängnis. Die dortige Gedenkstätte wird in den kommenden Monaten umgestaltet. Der Wunsch, es möge sich keine einseitig antirussische Keimzelle entwickeln, muss erst noch in Erfüllung gehen.
Kulturstaatssekretär Martin Gorholt zufolge geben Bund und Land allein für die Neukonzeption der kleinen Gedenkstätte 770 000 Euro aus. Das Betreiben wird jährlich 268 000 Euro kosten. Bei der Darstellung der »beiden Diktaturen« geht es Gorholt zufolge weder um das Einordnen in eine Hierarchie noch um eine Gleichsetzung. Dargestellt werden solle, dass »abgeschirmt von Pfingstberg und Neuem Garten« zwischen 1945 und 1953 Deutsche dort unter quälenden Bedingungen inhaftiert waren. Viele sind hingerichtet oder deportiert worden. Ab September wird das Haus geschlossen, um im kommenden Jahr mit einer neuen Dauerausstellung wiedereröffnet zu werden. Gestern stellte die Gedenkstättenleiterin Ines Reich ihre Pläne für die Umgestaltung vor. Als »wertvollste Zeugnisse« bezeichnete sie die in den Zellen eingeritzten Inschriften. Während einige der rund 1500 Häftlinge zumeist ihren Geburtsort und das auferlegte Strafmaß – darunter auch Todesurteile – angaben, beschränkten sich sowjetische Gefangene, die ab 1952 hier festgehalten wurden, auf die Angabe ihrer Dienstzeit.
Wie soll eigentlich sichergestellt werden, dass sich aus dem Haus kein antirussischer Wallfahrtsort entwickelt, der vielleicht noch – bei böswilligster Betrachtung – eine nachträgliche Rechtfertigung des Naziüberfalls auf die Sowjetunion darstellt? Günter Morsch, Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, antwortete auf diese Frage, solche Überlegungen habe man im Vorfeld in der Tat anstellen müssen. Keineswegs habe sich die Stiftung nach der Übernahme dieser Gedenkstätte gedrängt. Den Ausschlag dafür habe wohl gegeben, dass es etwa in Sachsenhausen gelungen sei, für eine Ausgewogenheit zu sorgen. Die Art und Weise der Ausstellung müsse dazu beitragen, »dass es zu einer solchen Konfrontation nicht kommt, die niemand will«. Staatssekretär Gorholt merkte an, es sei der Wunsch der Landesregierung, dass die russische Seite mit Fachleuten im Beirat vertreten ist. Auch Morsch plädierte dafür, einen »Repräsentanten der GUS-Staaten« in die Stiftungsarbeit einzubeziehen, doch sei das »leider noch nicht gelungen«.
Brandenburg besitzt mit der Gedenkstätte Leistikowstraße einen Ort, an dem äußerst eindringlich Unrecht angeprangert wird. Die Präsentation zielt auf starke Intensität und Gefühle. Die deutschen Häftlinge, deren Schicksal geschildert wird, haben alle Namen und Gesicht. Sie haben Kinder und Verwandte. Gorholt sprach von einer »zentralen Rolle« und davon, Schulkassen hier »mit der stalinistischen Diktatur und der kommunistischen Diktatur auf deutschen Boden vertraut« machen zu wollen.
Es wäre wünschenswert, wenn in der Leistikowstraße erzählt wird, wie es dazu kam, dass sowjetische Truppen Ostdeutschland besetzten – dass der sowjetische Geheimdienst in Potsdam 1945 nicht vom Himmel gefallen ist. In den Materialien, die gestern verteilt wurden, findet sich nicht an einer einzigen Stelle der Hinweis auf das bestialische Wüten der faschistischen Wehrmacht und der SS in der Sowjetunion. Das entschuldigt zwar nichts, es erklärt doch aber zumindest, warum die Sowjetunion anfangs eine extrem unnachsichtige Besatzungsmacht gewesen ist. Offenbar bleibt dieser historische Kontext ausgeblendet. Das kann kein Zufall sein.
Eine Werkstattwoche soll Einblick in der Erarbeitung der künftigen Dauerausstellung geben. Dem Programm dazu und der Neukonzeption der Gedenkstätte Leistikowstraße ist leider nicht zu entnehmen, dass endlich einmal eine erklärende Darstellung der seinerzeit geltenden Rechtslage in Deutschland vorgesehen ist. Nach Kriegsende folgte für die Deutschen ein »Frieden der eisernen Faust«. Der gesetzgebende alliierte Kontrollrat verfügte das Verbot für jeden Deutschen, Maßnahmen der Besatzungsmächte zu kritisieren. Das damals geltende Recht gestattete es allen Besatzungsmächten, Deutsche, die sie als gegnerisch wahrnahmen, nach eigenem Ermessen zur Verantwortung zu ziehen.
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