FDP-Spitze stellt sich neu auf
Die Liberalen erneuern ihre Führungspersonal / SPD: Partei nicht mehr regierungsfähig
Berlin (Agenturen/ND). Die scheidende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Birgit Homburger hat ihren Rückzug mit der schwierigen Lage der Partei begründet. Sie wolle dem designierten Parteivorsitzenden Philipp Rösler Rückendeckung geben für einen hervorragenden Start in das neue Amt, sagte Homburger am Dienstag. Die Personaldiskussionen in der FDP müssten in dieser Woche mit dem Parteitag in Rostock beendet werden.
Homburger hatte sich trotz heftiger innerparteilicher Kritik lange dagegen gesträubt, den Fraktionsvorsitz aufzugeben. Die 46-Jährige stand seit dem schwarz-gelben Wahlsieg 2009 an der Spitze der FDP-Fraktion. Mehrere führende FDP-Politiker drängten jedoch im Vorfeld der Fraktionssitzung auf einen Wechsel.
Sowohl Homburger als auch Brüderle werden für die schweren Wahlniederlagen ihrer Landesverbände im März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mitverantwortlich gemacht. Brüderle hatte deshalb bereits den Vorsitz der Landespartei in Rheinland-Pfalz aufgegeben. Homburger war nur sehr knapp als Landesvorsitzende in Baden-Württemberg bestätigt worden. Die Wahlergebnisse waren auch Anlass für den Rückzug des bisherigen FDP-Chefs Guido Westerwelle vom Parteivorsitz gewesen.
Ziel des Parteiumbaus sei es, alle Personaldiskussionen abzuschließen und ein klares Signal für den Aufbruch zu setzen, sagte Rösler nach der Sitzung der Bundestagsfraktion. Er habe »klare Vorstellungen«, wie es zu schaffen sei, die Liberalen aus ihrer komplizierten Lage herauszuführen. Rösler dankte der bisherigen Fraktionschefin dafür, dass sie ihn durch ihren Verzicht auf den Fraktionsvorsitz darin in seinen Personalvorstellungen unterstütze. Homburger habe manche Kritik auf sich genommen, die auch liberalen Bundesministern gegolten habe, so Rösler.
Auch Guido Westerwelle hatte Rainer Brüderle als Fraktionsvorsitzenden vorgeschlagen, hieß es. Unionsfraktionschef Volker Kauder begrüßte anschließend dessen Wahl. »Wir werden zusammen stark aufspielen«, sagte Kauder der »Rheinischen Post«. Es gebe mit Brüderle eine gute Arbeitsgrundlage für die zweite Halbzeit der Regierungskoalition.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die rasche Neuwahl der FDP-Fraktionsspitze. Dies sei ein wesentlicher Beitrag dazu, dass sich die Koalition wieder voll der Sacharbeit widmen könne. »Das empfinde ich als ein sehr hilfreiches Vorgehen«, sagte die CDU-Vorsitzende vor dem Verein der Auslandspresse.
Die Opposition ist vom Personalwechsel der Freien Demokraten weniger begeistert. Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sei die Partei in ihrer derzeitigen Verfassung nicht mehr regierungsfähig. »Der Machtkampf um die Fraktionsspitze zeigt noch einmal den Verfall der FDP«, sagte er am Dienstag vor den SPD-Abgeordneten in Berlin. Das eigentlich Gravierende daran sei aber die »fortgesetzte Destabilisierung der Bundesregierung«. Das »anhaltende Geschacher um Posten« zeige, dass die FDP-Krise inzwischen auf den Staat übergreife und deutsche Interessen schädige, meinte Steinmeier.
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