Partytouris: Segen oder Stadtplage?
(dpa). Sind die vielen Partytouristen ein Segen oder eine Stadtplage für Berlin? Tourismus-Chef Burkhard Kieker sagt, er sei sogar schon vom »Wall Street Journal« auf das Thema angesprochen worden. Eine Grünen-Podiumsdiskussion für entnervte Anwohner im Stadtteil Kreuzberg hatte den Hype entfacht. Das Motto lautete »Hilfe, die Touris kommen«. Danach tauchten Aufkleber auf, die den Besuchern vermitteln sollen: »Berlin liebt dich nicht«. Das ist ungünstig für eine Stadt, die sich für ihr cooles Nachtleben rühmt.
Und so wird der Tourismus-Chef deutlich, wenn über die internationalen Partygänger geschimpft wird. »Einen Ballermann-Tourismus habe ich hier noch nicht entdeckt«, sagt Kieker am Freitag, als er zusammen mit Berliner Clubs das Sommerprogramm der Stadt vorstellt. Die Kritik an den Gästen könne Intoleranz oder vielleicht sogar Fremdenfeindlichkeit vermitteln, warnt er. »Das können wir überhaupt nicht gebrauchen.«
Die Berliner Clubs, die zunehmend mit Behörden und Anwohnerbeschwerden kämpfen, sind auf die Partytouristen angewiesen. Gregor Kraemer vom »Club der Visionäre« versteht die aufgeheizte Debatte nicht: »Die ganze Stadt lebt von Touristen.« Christoph Klenzendorf, der bald mit »Kater Holzig« den Nachfolger der berühmten »Bar 25« öffnet, sieht den Berliner Senat in der Pflicht, neue Orte zu schaffen und dafür die Behörden ins Boot zu holen. »Wo sollen denn eigentlich die ganzen Touristen hin?«
Tourismus-Chef Kieker kann die Nöte der Kiez-Bewohner, die unter Lärm und Müll leiden, nachvollziehen. Da sieht er das Ordnungsamt und die Polizei als Helfer. Und nicht alles, was der Tourismus mit sich bringt, gefällt ihm: wie unter der Hand vermietete Ferienwohnungen und die »Bier Bikes«, die rollenden Kneipen, die durch Mitte kurven. In Kreuzberg gibt es einen runden Tisch für die Anwohner, Bezirksbürgermeister Franz Schulz will den Konflikt mit Augenmaß angehen.
In Berlin boomt der Tourismus. Seit Jahren folgt ein Rekord dem anderen. Allein von Januar bis März wurden vier Millionen Übernachtungen registriert. Das Rattern der Rollkoffer gehört zur Stadt wie das Donnern der U-Bahn. Viele Besucher sind jung und kommen aus dem Ausland. Ob auf der Admiralbrücke am Landwehrkanal oder in den Kneipen – überall ist Englisch, Spanisch und Französisch zu hören.
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