Silberspekulationsdämmerung

Starker Kursverfall an den Rohstoffbörsen

  • Axel Berger
  • Lesedauer: 3 Min.
Zuletzt gab es – wegen Sorgen bezüglich des Konjunkturaufschwungs – beim Silber den ersten größeren Preisverfall auf dem boomenden Edelmetallmarkt. Auch hier könnten zukünftig Blasen platzen.

Bei Börsenanlegern geht die Angst vor der Inflation um. Für April taxierte das EU-Statistikamt Eurostat die Inflationsrate in der Eurozone mit 2,8 Prozent auf den höchsten Wert seit Oktober 2008, in Großbritannien ist sie mit 4,4 Prozent so hoch wie seit 28 Jahren nicht mehr. China kämpft mit einer Teuerungsrate von über fünf Prozent. In den USA stieg die Inflationsrate zuletzt über zwei Prozent und schon diskutieren 13 Bundesstaaten darüber, den Goldstandard wieder einzuführen. Im Mormonenstaat Utah werden Gold und Silber bereits als Zahlungsmittel akzeptiert.

Wenig verwunderlich also, dass die Edelmetallpreise in letzter Zeit in astronomische Höhen geklettert waren. Der Goldpreis stieg kürzlich erstmals auf über 1500 US-Dollar pro Feinunze. Angesichts dessen, dass vor der Jahrtausendwende eine Unze noch knapp 250 Dollar kostete, tatsächlich eine atemberaubende Entwicklung. Laut Michael Blumenroth, Chefanalyst der Deutschen Bank für den Edelmetallhandel, wird Gold derzeit gehandelt »wie eine Währung« – und sie scheint die letzte stabile zu sein.

Der eigentliche Stern am Himmel des Edelmetallhandels war in den vergangenen Monaten aber das Silber. Denn auch im Verhältnis zum »großen Bruder« Gold stieg der Preis kontinuierlich an. Während man im langjährigen Mittel pro Unze Gold 64 Unzen Silber bekam, betrug das Verhältnis im April noch 1:35. Im letzten Sommer hatte eine Unze Silber noch etwa 15 Dollar gekostet, Anfang Mai lag ihr Preis dann bei über 48 Dollar. Fast hätte er die Höchstmarke von 50,35 Dollar vom 18. Januar 1980 erreicht, als die amerikanischen Gebrüder Hunt den Silbermarkt kurzfristig manipulierten. Damals brachte ein Eingriff der Regulierungsbehörden die Blase zum Platzen, der Preis fiel wieder deutlich unter zehn Dollar und die Gebrüder Hunt gingen bankrott.

So tief ist der Fall aktuell nicht. Doch Anfang Mai brach der Kurs plötzlich ein. Seitdem stabilisiert er sich bei Werten um die 35 Dollar pro Unze. Die meisten Experten werten den Einbruch als dauerhafte Korrektur eines überhitzten spekulativen Marktes. Denn Silber ist anders als Gold auch ein Industrierohstoff. Es wird unter anderem für die Herstellung von Solarzellen, Flachbildschirmen und Mobiltelefonen verwendet und sein Preis hat stark von der technischen Entwicklung der vergangenen zwei Jahrzehnte profitiert.

Möglich ist aber auch, dass mit einem weiteren Preisverfall zu rechnen ist. »Aufgrund der erhöhten industriellen Nachfrage wäre ein Silberpreis von 10 bis 20 Dollar je Feinunze gerechtfertigt«, meint Frank Heinricht, Chef des Hanauer Industrieunternehmens Heraeus, das auch im Edelmetallhandel aktiv ist. Alles, was darüber hinausgehe, sei lediglich »durch Spekulation getrieben« und damit höchst fragil. Bereits im Herbst hatte Hedgefonds-Manager Jim Rogers, ehemaliger Partner von George Soros, vor dem Platzen »wilder Spekulationsblasen« auf diesem Markt gewarnt, da die Preissteigerungen zu weit über den Inflationsraten lägen. Historisch betrachtet, ist er mit dieser Prognose auf sicherem Terrain. Laut einer Studie der Schweizer Privatbank Vontobel haben in fünf von sechs Fällen Edelmetalle keinen wirksamen Inflationsschutz geboten.


Lexikon

Silber wird wie andere Rohstoffe physisch und in Termingeschäften an Börsen gehandelt. Der Silberpreis wird in Dollar festgestellt. Die Maßeinheit ist die Feinunze (31,1 Gramm). Silber kann zum sofortigen Gebrauch für Tresor oder Produktion gekauft werden. Dies erfolgt auf dem Spotmarkt an Handelsplätzen wie New York, Chicago und Tokio. Mit Futures kann man an Terminbörsen Silber zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft kaufen. dpa/ND

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.