Friedliche Demo gegen Nazigewalt

Mehr als 1500 folgten am Samstag dem Aufruf antifaschistischer Gruppen

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.

Später Nachmittag in Kreuzberg, die Sonne scheint. Die in alle Himmelsrichtungen vom Kottbusser Tor wegführenden Straßen sind vollgestellt mit grünweißen Kleinbussen. Menschen, die die Kottbusser Straße überqueren wollen, werden von der Polizei kontrolliert, Taschen und Rucksäcke durchsucht. Egal ob es sich bei den Passanten um Jugendliche in T-Shirt und Flipflops handelt oder um offensichtliche Anhänger des schwarzen Blocks, die mitsamt Fahne und Transparent zur Demonstration wollen.

Mit Unterstützung der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) hatte das Bündnis »Kreuzberg für grenzenlose Solidarität« zum Protest nach Kreuzberg mobilisiert. In Reaktion auf die Ereignisse rund um eine Nazidemo am vorherigen Samstag lautet das Demo-Motto »Den antifaschistischen Selbstschutz organisieren! Kampf dem Rassismus überall!«.

Gegen 17 Uhr soll es losgehen, doch es dauert eine knappe Stunde, bis die Zahl der Demoteilnehmer deutlich über der der eingesetzten Beamten liegt. Spontan vertreibt das Berliner Jugendtheaterbüro den Wartenden die Zeit. Die Jugendlichen waren den Tag über auf Tour durch Berlin und geben nun das »Manifest gegen Ausgrenzung und Diskriminierung« zum Besten. Mit Texten nach Bertolt Brecht, Raps und deutlichen Worten spielt die Truppe gegen Alltagsrassismus, Vorurteile und Diskriminierung.

Als die Demo selbst sich schließlich in Bewegung setzt, haben sich ihr über 1500 Menschen angeschlossen. Vom Lautsprecherwagen kommt immer wieder die Durchsage an die Passanten am Straßenrand, weshalb hier demonstriert wird. Abgesehen davon gibt es kaum Redebeiträge oder Musik, die Demonstranten sollen ihre Stimme nutzen, heißt es anfänglich. Doch die bunt gemischte Menschenmasse bleibt eher ruhig, gelegentlich branden »Alerta«-Rufe auf. Erst vor dem LKA-Gebäude am Platz der Luftbrücke werden verstärkt Sprechchöre kontra Staatsgewalt und Polizei laut. Das Haus selbst ist mit Stoßstange an Stoßstange geparkten »Wannen« vor den Demonstranten abgeschirmt. Aus den Fenstern schauen Mitarbeiter, von der Straße hochgewinkte Grüße werden nicht beantwortet. So gut bewacht wie das Gebäude sind auch die Müllcontainer, die hier und da am Straßenrand stehen. Immer zehn Beamte in Montur, den Helm am Gürtel, bewachen Schutt und Papier. Insgesamt sind rund 400 Beamte im Einsatz.

Um 20 Uhr endet die Demo friedlich, der VVN-BdA zieht noch am Abend Bilanz: Das Wegschauen der Polizei bei Übergriffen auf MigrantInnen und GegendemonstrantInnen wie am vergangenen Sonnabend sei nicht akzeptabel und dürfte keinesfalls verharmlost werden. »Es war, ist und bleibt dabei – wo Neonazis marschieren, werden wir uns ihnen entgegenstellen.«

Im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses sind die Ereignisse des 14. Mai heute ebenfalls Thema. Rechtsradikale hatten während eines Demoversuches unbeteiligte Passanten und Gegendemonstranten angegriffen. Die Polizei hatte die Nazidemo bis zum Schluss geheim gehalten, nur durch Zufall waren Zeit und ungefährer Ort am Tag zuvor im Internet bekannt geworden. Kurzfristig konnten rund 800 Menschen nach Kreuzberg mobilisiert werden, die den rechten Marsch mit 120 Teilnehmern verhinderten.

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