Giftgaspipeline unter Zuckerrüben
NRW: Prozess um Kohlenmonoxidleitung des Bayer-Konzerns beginnt
Düsseldorf. Mehr als 110 000 Protest-Unterschriften, Anschläge auf Baustellen und wütende Kommunalpolitiker: Ein umstrittenes Projekt des Bayer-Konzerns sorgt selbst in den politischen Parteien im Rheinland für einen tiefen Riss. Kaum ein Thema hat die Gemüter im Rheinland in den vergangenen Jahren so sehr erregt wie die »Giftgaspipeline«, wie die Gegner des Vorhabens schimpfen. Es handelt sich um eine 67 Kilometer lange Rohrleitung durch dicht besiedeltes Gebiet, durch die hochgiftiges, unsichtbares und geruchloses Kohlenmonoxid transportiert werden soll.
Seit Jahren wird der erbitterte Streit um die Pipeline vor Gerichten ausgetragen. Gestern ging es in die entscheidende Runde: In Düsseldorf begann vor dem Verwaltungsgericht das Hauptsacheverfahren. Zwei Privatleute haben als betroffene Anlieger gegen das Planfeststellungsverfahren für die Pipeline geklagt.
Lautloser Tod
Die Gegner fürchten den lautlosen Tod, falls die Pipeline leckschlagen sollte. Die Befürworter sprechen dagegen von einem sicheren und umweltfreundlichen Transportweg. Sie sehen den Chemiestandort Nordrhein-Westfalen mit seinen zehntausenden Arbeitsplätzen in Gefahr, wenn das Projekt scheitern sollte. Einer der Kläger ist der Monheimer Bauer Heinz-Josef Muhr. Bei ihm wurden die Rohre im Zuckerrübenfeld vergraben. 1,4 Meter tief. Sollte die Pipeline undicht werden, gebe es je nach Wind in zwei Kilometern Umkreis kein Leben mehr, argumentiert der Landwirt. Aus gesundheitlichen Gründen wird er dem Verfahren aber vermutlich nicht beiwohnen können.
Der Chemie- und Kunststoffkonzern darf die bereits unter der Erde liegende Leitung bislang nicht in Betrieb nehmen. Bayer will das Gas zwischen seinen Werken in Dormagen und Krefeld-Uerdingen transportieren. In Uerdingen wird es für die Kunststoffproduktion gebraucht. Der Bau der Pipeline war vor vier Jahren begonnen worden. Die Trasse führt östlich um Düsseldorf herum über Duisburg nach Krefeld. Bayer war die Inbetriebnahme der Pipeline verweigert worden, weil der Konzern Sicherheitszusagen nicht eingehalten haben soll. So sollen Schutzmatten über dem Rohr schmaler als zugesagt und die Rohre an einigen Stellen dünner als genehmigt sein. Das Gericht hat Gutachten zur Erdbeben- und zur Materialsicherheit eingeholt.
Gegner im Vorteil?
Der Landtag hatte dem Pipelinebau 2006 zugestimmt. Erst danach waren die Pläne einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden und hatten prompt massiven Widerstand ausgelöst. Mit zahlreichen Initiativen machten Bürger gegen die Bayer-Trasse mobil. Nach mehreren juristischen Teilerfolgen sehen sich die Widersacher im Vorteil: »Es ist Halbzeit und es steht 4:1 für uns«, hatte Bauer Muhr gesagt.
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