Kabelbrand legt S-Bahn lahm

Feuer wurde offenbar vorsätzlich gelegt / Polizei prüft Bekennerschreiben

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Fahrgästen der S-Bahn bleibt nichts erspart: Nach Wind, Wetter und Wartungsmängeln war es gestern ein vermutlich vorsätzlich gelegter Kabelbrand, der Berlins wichtigstes Nahverkehrsmittel in großen Teilen lahmlegte.
Am Ostkreuz ging gestern nichts mehr. An dieser Kabelbrücke wurde ein Feuer gelegt (r.). Fotos: dpa
Am Ostkreuz ging gestern nichts mehr. An dieser Kabelbrücke wurde ein Feuer gelegt (r.). Fotos: dpa

Fahrgästen der S-Bahn bleibt nichts erspart: Nach Wind, Wetter und Wartungsmängeln war es gestern ein vermutlich vorsätzlich gelegter Kabelbrand, der Berlins wichtigstes Nahverkehrsmittel in großen Teilen lahmlegte. Betroffen waren aber auch der Regional- und Fernverkehr und die Kommunikationswege der Bahn. Die Internetseite funktionierte nur bedingt, Tickets konnten nicht online gebucht werden. Bis gestern Abend war nicht abzusehen, wie lange die Beeinträchtigungen noch andauern werden. Die Reparaturarbeiten sollen voraussichtlich bis Dienstag andauern, sagte ein Bahnsprecher. Auch das Netz des Telekommunikationsanbieters Vodafone war gestört.

Das Feuer an einer Kabelbrücke, die über eine Straße am Bahnhof Ostkreuz führte, war gegen drei Uhr entdeckt worden, gegen 4.30 Uhr war es gelöscht. Die Polizei geht von vorsätzlicher Brandstiftung aus. Es seien Spuren einer brennbaren Flüssigkeit gefunden worden, die vermutlich als Brandbeschleuniger diente, teilte ein Sprecher mit. Es werde wegen vorsätzlicher Brandstiftung ermittelt.

Durch den Brand wurde ein zentraler Kommunikationsknoten der IT-Sparte DB Systel erheblich beschädigt. Folge: Signalanlagen, Stellwerke in Berlin und Brandenburg, der Fahrstrom, Lautsprecher und Fahrplananzeiger wurden außer Gefecht gesetzt. Dadurch war der Betrieb vor allem in Richtung Osten erheblich behindert. Die S 9 zum Flughafen Schönefeld sowie die S 46 und S 47 fuhren gar nicht, die S 5 nur zwischen Lichtenberg und Straußberg, die S 7 nur zwischen Spandau und Ostbahnhof. Die meisten Züge auf der Stadtbahn aus Richtung Westen endeten in Ostbahnhof. Nicht betroffen waren lediglich die Linien S 1, S 2 und S 25. Die Ringbahnlinien S 41/S 42 fuhren nur alle zehn Minuten. Regionalbahnlinien wurden über Lichtenberg und Gesundbrunnen umgeleitet.

Die Deutsche Bahn verurteilte den mutmaßlichen Brandanschlag scharf. »Er trifft nicht nur unser Unternehmen, sondern ist vor allem eine Zumutung für hunderttausende unserer Kunden«, sagte das für die Konzernsicherheit verantwortliche DB-Vorstandsmitglied Gerd Becht. Bereits Anfang November hatte es einen ähnlichen Kabelbrand bei der S-Bahn gegeben. Damals hatte sich eine autonome Gruppe zu einem Brandanschlag bekannt, die damit gegen Atommülltransporte protestieren wollte.

Einen ähnlichen Hintergrund legt auch der gestrige Brand nahe. Im Internet tauchte am Nachmittag ein Bekennerschreiben auf, in dem eine Gruppe, die sich nach dem isländischen Vulkan »Das Grollen des Eyjafjallajökull« nennt, das Abschalten der Atomreaktoren und die Zerschlagung der Waffenkonzerne fordert. Bei der Aktion am Ostkreuz habe man eine »Gefährdung von Menschen nach bestem Wissen ausgeschlossen«. Ob das Schreiben, das ND vorliegt, echt ist, war unklar. Bei der Polizei hieß es dazu lediglich, es sei bekannt und werde geprüft.

Die Bahn rechnet damit, dass es mehrere Tage dauern wird, bis der Regional- und Fernverkehr wieder normal läuft. Bei der S-Bahn sei vor allem im Bereich Ostkreuz, Treptow, Königs Wusterhausen, Schönefeld, Erkner und Karlshorst mit weiteren Einschränkungen zu rechnen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -