Bildschönes Leiden

»Auf brennender Erde«

  • Alexandra Exter
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Regisseur ist als Filmemacher Debütant, aber als Drehbuchautor gehörte er weltweit zu den geehrtesten der Branche: die Drehbücher, die der Mexikaner Guillermo Arriaga für seinen jüngeren Kollegen Alejandro González Iñárritu schrieb (»Amores Perros«, »21 Gramm«, »Babel«), erregten jahrelang die Bewunderung des Publikums und vieler Kritiker. Weil sie clever wirkten, weil sie diverse Figurenanordnungen und Handlungsstränge oft über Tausende von Kilometern zu einem Teppich miteinander verwobener Schicksalsschläge, Schuldfragen, Liebesbeweise verknüpften. Weil die atemberaubende Kameraarbeit eines dritten Mexikaners, Rodrigo Prieto, und eine nie weniger als aufsehenerregende Besetzung sie zu einem Fest für die Augen machten. Und, muss man jetzt wohl sagen, weil ein Regisseur sie in bewegte Bilder umsetzte, der es konnte.

Das Drehbuch, das Arriaga nun erstmals selbst umsetzte, weist viele der so oft gerühmten Merkmale auf. Wieder vermischen sich örtliche und zeitliche Ebenen, wieder ist das, was Mensch A an Ort Y tut, von lebens- oder sterbenswichtiger Bedeutung für Mensch B an Ort Z. Wieder geht es um Liebe und Schuld, um Vergebung, unausgesprochene Wahrheiten und diverse soziale und emotionale Zwänge. Aber diesmal saß ein Regisseur am Steuer, der es übertreibt. Mit dem Melodrama, mit dem Leiden, mit der Schönheit des Leidens. »Auf brennender Erde« war – in einer sogar noch etwas längeren Fassung – vor bald drei (!) Jahren im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig zu sehen. Dass ein Film mit solchen Namen vor und hinter der Kamera erst mit solcher Verspätung ins Kino gerät, spricht Bände.

Denn einen guten Kameramann hat auch Arriaga wieder gefunden: Robert Elswit (»There Will Be Blood«, »Magnolia«) differenziert bildschön Farbtöne und Lichtwerte für die unterschiedlichsten Zeiten und Orte, von der flirrenden Hitze, den Erdtönen der Wüste von New Mexico bis zur Kühle des regnerischen Oregon, von der Kleinbürgerlichkeit in den hart erarbeiteten Wohlstand, von der heimlichen Liebe zum quasi öffentlich vorgeführten Sex. Dass es trotzdem vor allem ermüdet, den Figuren dabei zuzusehen, wie ihnen Liebe und Begehren zu tödlichen Fallen werden, zu Waffen, zum Instrument von Selbstzerstörung und Bestrafungswut (und zum Grabstein auf längst beerdigten Träumen), ist also vor allem dem Filmemacher anzulasten.

Joaquim de Almeida mit seinem vierschrötigen Gesicht, seinen seelenvollen Augen spielt eine tragende Nebenrolle, Charlize Theron wirkte selten so hart und verloren wie hier, und Jennifer Lawrence wurde, Jahre vor der Oscar-Nominierung für »Winter's Bone«, für die Darstellung eines bestürzend verlorenen Teenagers schon 2008 in Venedig mit dem Nachwuchspreis ausgezeichnet. Nur Kim Basinger als ehebrecherisch Liebende wirkt, als spiele sie in einem anderen Film. Und das doch recht versöhnliche Ende, wenn es endlich kommt, ist dann vor allem eins: vollkommen unglaubwürdig. González Iñárritu hat mittlerweile – mit anderen Drehbuchautoren – zu anderen ästhetischen Ausdrucksformen gefunden. Arriaga tritt auf der Stelle. Bestenfalls.

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