Proteste gegen Kriegskoalition
Friedensaktivisten erinnern beim Obama-Besuch in London an gebrochene Wahlversprechen
Heftige Proteste von Kriegsgegnern und Menschenrechtsaktivisten hagelte es am Dienstag vor dem Buckingham Palast während des Obama-Besuchs. Vor allem arabische Migranten, darunter viele Libyer, machten ihrer Wut über die »Heuchelei« des US-amerikanischen Präsidenten lautstark Luft.
»Obama ist ein zweiter George Bush«, »Hände weg von Libyen!«, »Kein Krieg für Öl« und »Hört auf, Eure Waffen an uns zu testen!« ist auf ihren Bannern zu lesen. Ein Mann ganz am Rand hält ein Pappschild hoch mit der Aufschrift »Obama ist o.k.« – weit und breit die einzige offensive Sympathiebekundung für den Präsidenten. Die Touristen kümmert das alles nicht. Während sie sich lieber in der Abendsonne am regungslosen Stramm-Stehen der Queen`s Guards weiden, versammeln sich Hunderte von Menschen hinter den Polizeisperren, um Obama mit kreativen Aktionen an seine zahlreichen nicht eingehaltenen Wahlversprechen zu erinnern.
Dazu gehört die Schließung des Guantanamo-Gefängnisses, in dem immer noch 171 Personen festgehalten werden. Eine von ihnen ist der britische Staatsbürger Shaker Aamer, der seit neun Jahren ohne Beweise für irgendein Vergehen einsitzt. Demonstranten in orangenen Overalls, mit Ketten an Händen und Füßen, schwarzen Kapuzen oder Obama-Maske fordern seine unverzügliche Freilassung aus dem »Folterlager«.
Zentrales Thema der Proteste sind die drei Kriege, die die USA und ihre westlichen Verbündeten zurzeit in Afghanistan, Libyen und Irak führen. Gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung Großbritanniens und der Vereinigten Staaten, wie die Kriegsgegner betonen. Zur Demonstration hatten die Stoppt-den-Krieg-Koalition, die Kampagne für nukleare Abrüstung sowie andere Friedensgruppen aufgerufen. In dem Aufruf heißt es: »Obama drangsaliert die Welt, indem er die Anzahl der Soldaten in Afghanistan verdoppelt, die Besatzung Iraks, die Eskalation des Drohnen-Krieges in Pakistan und die Bombardierung Libyens fortsetzt.«
Während die Friedensaktivisten immer wieder »Hallo Obama! Yes, we can – die Truppen abziehen aus Afghanistan« skandieren, entrollen andere eine große Landkarte der »Obamanation« – die Welt als ein riesiges Kriegsgebiet. Davor präsentiert sich den zahlreich erschienenen Pressefotografen ein Obama-Cowboy mit Revolvern.
»Es ist eine Tragödie, dass Obama, der von so vielen Menschen aus der Arbeiterklasse, vor allem Afroamerikanern, gewählt wurde, letztlich die Amtsperiode von George Bush verlängert hat«, sagte John Rees, Mitgründer der Antikriegskoalition und ehemaliger Kandidat der antikapitalistischen RESPECT-Partei, gegenüber ND. Chris Nineham, Koordinator der Proteste, ergänzte ihn: »Obama hat die Hoffnungen der Menschen enttäuscht und zerschlagen. Er verfolgt eine äußerst brutale Außenpolitik. Tag für Tag sterben weiterhin unschuldige Zivilisten.« Nineham mahnt zur Umkehr: »Wer behauptet, es gäbe keine Alternative zum Imperialismus, lebt in einem Albtraum aus Pessimismus. Während seines Wahlkampfs hatte Obama noch davon gesprochen, er werde einen anderen Weg gehen. Nun wollen wir endlich Taten sehen.«
Unterdessen haben sich Barack Obama und der britische Premierminister David Cameron bei ihrem Treffen darauf verständigt, den Druck auf Gaddafi zu erhöhen. Sie schließen aber die Entsendung von Bodentruppen weiterhin aus. »Gaddafi muss gehen«, forderte Cameron. Obama erklärte, es sei ausgeschlossen, dass US-Soldaten »den Stiefel auf den Boden« Libyens setzten. Die libysche Opposition müsse den Kampf am Boden führen, die Alliierten müssten die Unterstützung aus der Luft sichern. Er sprach sich für eine bessere Kooperation der NATO-Kräfte mit den libyschen Rebellen aus. Obama und Cameron waren sich einig, die NATO-Angriffe beharrlich fortzusetzen.
Auf die Frage, ob Großbritannien in Libyen Kampfhubschrauber einsetzen werde, sagte Cameron, es müssten alle Optionen geprüft werden. Es sei aber wichtig, dass man innerhalb der von der UN-Resolution festgelegten Möglichkeiten bleibe.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.