ABDA, quo vadis?
Apotheker fordern vom Dachverband, Thilo Sarrazin als Festredner auf einem Kongress auszuladen
Für eine knappe Woche werden am prächtigen Kurhaus in der Freiheitsstraße von Meran ab Sonntag die roten Embleme der ABDA prangen. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände eröffnet hier ihre jährlich stattfindende Fortbildungswoche – bekannt für Veranstaltungen mit fachlicher Kompetenz.
In diesem Jahr schlägt das Programm einigen Berufskollegen schwer auf den Magen, denn für den Sonntag ist um 10.30 Uhr Dr. rer. pol. Thilo Sarrazin angekündigt. Anlässlich der Eröffnung wird er zum Thema: »Deutschland, quo vadis – Wege und Auswege« sprechen. Das empört vor allem den Vorstand des Vereins Demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VDPP). Nach dessen Meinung ist Sarrazin nicht geeignet, Wege oder Auswege für Deutschland aufzuzeigen: »Seine Vorschläge sind Sackgassen, die rechtsextremem Gedankengut Vorschub leisten, falsche Fronten aufbauen statt Lösungen anzubieten und Missgunst und Zwietracht säen.« Im VDPP versteht man nicht, wieso die ABDA diesem Mann eine Plattform für seine ausländerfeindlichen und rassistischen Thesen geben will. Die ABDA – Vertreterin der Apothekerkammern und die Apothekerverbände der Länder – will die Interessen der Heilberufler fördern und vertreten. Heilberufler zu sein, ist jedoch ohne ein humanistisches Weltbild nicht möglich, finden die demokratischen Pharmazeuten. Sarrazins Weltbild sei zutiefst antihumanistisch. Ihm auf dem wichtigsten Fortbildungskongress der Apotheker Gelegenheit zur Ausbreitung seiner Thesen zu geben, würde dem Ansehen der Apotheker schweren Schaden zufügen.
Bei der ABDA denkt offenbar niemand daran, den umstrittenen Redner wieder auszuladen, wie es der VDPP fordert. Eine Sprecherin verweist auf die Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker mbH (WuV) in Eschborn, eine ABDA-Tochter. Deren Geschäftsführer Gregor Ulrich rechtfertigte die Entscheidung gegenüber dem Internetportal der Deutschen Apotheker Zeitung (DAZ) mit dem bewährten Brauch, zur Pharmacon-Eröffnung bekannte deutsche Redner einzuladen, die zu aktuellen Themen Stellung nehmen. Dabei würden niemals Eröffnungsredner eingeladen, zitiert die DAZ Gregor Ulrich, »weil sie unsere politischen Vorstellungen teilen, sondern weil sie die politische Diskussion in Deutschland entscheidend geprägt haben«.
Wer auf dem WuV-Portal ein bisschen weiterblättert, könnte Zweifel an der Distanz bekommen, die Ulrich gegenüber Sarrazin mit diesem Satz offenbar zum Ausdruck bringen will. In einer kurzen Biografie wird der Mann, den viele Menschen für einen Rassisten halten, über den grünen Klee gelobt. Man attestiert ihm eine fachliche Kompetenz in Finanzfragen. Gepaart mit dem Mut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen, hätte diese ihn in viele wichtige Ämter gebracht. Als Fachökonom war er Spitzenbeamter und Politiker und heute sei er unbestritten einer der polarisierendsten politischen Köpfe der Republik, heißt es da.
Kommentar eines DAZ-Lesers: »Sarrazin, meiner Meinung nach, ist ein Rassist. Bitte ausladen ...«.
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