Antisemitismus-Schelte für LINKE im Bundestag
Linksfraktion wehrte sich in Aktueller Stunde vergeblich gegen Vorwürfe der anderen Fraktionen
Es hagelte schwere Vorwürfe im Plenarsaal des Hohen Hauses, als der Präsident die Aktuelle Stunde eröffnet hatte. Mehr oder weniger differenziert, aber einhellig warfen Redner der Regierungskoalition, die die Debatte beantragt hatte, der SPD und der Grünen der LINKEN vor, sie vertrete als Ganzes beziehungsweise in Teilen Positionen des Antisemitismus oder dulde diese zumindest. Vergeblich appellierte für die Linksfraktion Lukrezia Jochimsen an die anderen, das Thema für eine politische Instrumentalisierung nicht zu missbrauchen. Es sei die »Grundposition der LINKEN, gegen jede Form des Antisemitismus vorzugehen«.
Geradezu Wasser auf die Mühlen der erregten Kritiker war ihre Bemerkung, Antisemitismus sei ein Problem der ganzen Gesellschaft, und dass sie die bekannten Namen von Politikern der Koalitionsfraktionen mit politischer Vergangenheit in der Nazizeit nannte – wie Hans Filbinger oder Hans Globke – ließ die Zwischenrufer nicht verstummen. Immer wieder beriefen sich die Redner bei ihrer Kritik auf einen Aufsatz »Antisemiten als Koalitionspartner?«, den die »Frankfurter Rundschau« vorgestellt hatte und in dem von einem wachsenden Antisemitismus in der Linkspartei die Rede ist. Er komme »nicht mehr so plump daher« wie früher, argumentierte Hans-Peter Uhl (CSU), Innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Heute tarne er sich in einer »Grauzone« – etwa indem Israel mit »besonderer Schuld« beladen werde. Zum Beleg des Vorwurfs gegenüber der LINKEN führte Uhl wie nach ihm viele andere Redner mehrere Beispiele an und zeigte sich dabei nebenher als gänzlich uninformiert. Vergeblich versuchten die Linksabgeordneten deutlich zu machen, dass das von Uhl monierte Symbol mit Davidstern und Hakenkreuz auf der Internetsite der Duisburger Linkspartei dort nicht mehr stehe, durch illegale Manipulation hingeraten sei und die LINKE Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt habe. Wiederholt fielen auch die Namen von Parlamentariern, denen antisemitisches Verhalten vorgeworfen wurde, und es störte die Kritiker nicht, dass die Atmosphäre eher an die heilige Inquisition erinnerte als an eine seriöse Debatte.
Eine solche fand auch nicht zu den Intentionen der vielfach kritisierten Linksparlamentarier statt – Wolfgang Gehrcke, Inge Höger oder der ehemalige Bundestagsabgeordnete Norman Paech. Die von israelischen Soldaten gewaltsam aufgebrachte Flotille zur Unterstützung der Bevölkerung im Gaza-Streifen, bei deren Erstürmung neun Todesopfer zu beklagen waren, wurde ebenso als Beleg für israelfeindliche und damit antisemitische Haltungen genannt wie Abgeordnete, die einen Boykott israelischer Waren unterstützt hatten.
Das Existenzrecht Israels zum Kriterium zu erheben, dem stimmte die LINKE, die laut Geschäftsordnung keinen zweiten Redner aufbieten durfte, lautstark, aber vergeblich zu. Auch in Vorstandsbeschlüssen war dieses mehrfach bekräftigt und auch einem Boykott israelischer Güter eine Absage erteilt worden. Dagegen warnte Edelgard Bulmahn von der SPD, dass Beurteilungen nach dem Gut-Böse-Schema blind gegenüber den Ursachen des Nahostkonflikts und für mögliche Lösungen mache. Auch dass einige Abgeordnete der LINKEN bei einer Rede des israelischen Staatspräsidenten Shimon Peres sich im letzten Jahr nicht mit den übrigen Parlamentariern von den Plätzen erhoben, wurde ebenfalls als Beleg ihres Antisemitismus genannt. Dagegen lobte Sebastian Edathy (SPD) das Wirken des BAK Shalom in der Linkspartei.
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