Mehr Verkehr zum Hauptbahnhof
Nach langen Verzögerungen: Baustart für neue S-Bahn- und Straßenbahn-Verbindungen
Zwei erste Spatenstiche auf einen Streich gibt es auch nicht alle Tage. Es ist aber nicht unbedingt Ausdruck von Effektivität, dass der Baustart für die neuen S-Bahn- und Straßenbahn-Verbindungen zum Hauptbahnhof gestern gleichzeitig erfolgte. Beide Projekte sollten längst fertig sein. Doch Gerichtsverfahren und Geldmangel verzögerten die Arbeiten. Kommt nichts mehr dazwischen, wird die Straßenbahn nun Ende 2013 von der Invalidenstraße zum Hauptbahnhof rollen, vier Jahre später die neue S-Bahn-Verbindung (Arbeitstitel: S 21) zwischen Nordring und Hauptbahnhof in Betrieb gehen.
Mit den neuen Strecken werde der Hauptbahnhof als »innerstädtischer Verkehrsknoten« weiter aufgewertet, betonte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Bisher ist er mit der S-Bahn nur über die Stadtbahn aus Osten und Westen zu erreichen, eine Anbindung aus Nord-Süd-Richtung fehlt. Diese soll nun geschaffen werden. 60 Millionen Euro hat der Senat schon Ende der 90er Jahre in bauliche Vorleistungen am Nordring investiert, der Bund spendiert jetzt weitere 110 Millionen Euro, um den ersten Bauabschnitt zu vollenden. Der neue S-Bahnhof entsteht unterirdisch neben dem der U 55. Ab Ende 2017 sollen dann Bahnen aus Richtung Westhafen bzw Wedding den Nordring verlassen, zum Hauptbahnhof und von dort wieder zurück fahren. Zweieinhalb Minuten wird die Fahrt ohne Zwischenstopp dauern, denn ein neuer Bahnhof Perleberger Brücke soll erst errichtet werden, wenn sich das Gebiet um die Heidestraße belebt hat.
Richtig Sinn macht die Strecke jedoch erst, wenn sie nach Süden zum Potsdamer Platz verlängert wird. Doch das ist erst nach Fertigstellung des ersten Abschnitts sowie der U 5 zwischen Alex und Hauptbahnhof geplant, also frühestens ab 2017. Dazu muss die Spree unterquert werden, bevor die Strecke nördlich des Potsdamer Platzes in einen seit den 30er Jahren vorhandenen Tunnel mündet. Damit entsteht fast parallel zum alten ein neuer Nord-Süd-Tunnel für die S-Bahn. Ist er irgendwann fertig, werden durch ihn wie die S 1 aus Oranienburg auch Züge rollen, die bisher die alte Röhre mit dem Umsteigebahnhof Friedrichstraße nutzen. Insgesamt kostet das Projekt 348 Millionen Euro.
Die Straßenbahn zum Hauptbahnhof ist einschließlich Straßenbau nur knapp ein Zehntel so teuer. Von der Kreuzung Invalidenstraße/Chausseestraße wächst das Tramnetz um rund 2,3 Kilometer Richtung Westen. Ursprünglich sollte die Tram schon zur Eröffnung 2006 vor Berlins Zentralstation halten, doch nach diversen Umplanungen und gerichtlichen Auseinandersetzungen verzögerte sich das Projekt immer weiter. Der Rechtsstreit ist zwar noch nicht endgültig beigelegt, doch ist damit kein Baustopp verbunden.
Anwohner machen weiterhin Front gegen den vierspurigen Ausbau der Invalidenstraße, gegen die Verlängerung der Straßenbahn haben sie hingegen nichts. Die muss sich in einigen Abschnitten die Spur mit den Autos teilen, was nach Ansicht der Grünen für »Schneckentempo« sorgen wird. BVG-Chefin Evelyn Nikutta rechnet dagegen mit »unschlagbaren« vier Minuten Fahrtdauer von der Ecke Chausseestraße bis zum Hauptbahnhof. Ab Ende 2013 soll zunächst die M 6 hier vorfahren, später auch die M 8 und M 10. Die Arbeiten sollen bis 2015 andauern. Die BVG rechnet mit 24 000 zusätzlichen Fahrgästen täglich. Und am Hauptbahnhof soll für die Tram nicht Endstation sein. Die Stadtentwicklungssenatorin versprach, die Planungen zur Verlängerung nach Moabit voranzutreiben. Die Gelder dafür seien vorhanden.
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