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Kühe, Killer und Klischees

Retrospektive im Arsenal zeigt klassische und unkonventionelle Westernfilme

  • Kira Taszman
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es gibt Dinge, vor denen ein Mann nicht fortlaufen kann.« So spricht John Wayne als Cowboy Ringo in John Fords »Stagecoach« (Höllenfahrt nach Santa Fe, 1939), bevor er zum finalen Shoot-Out aufbricht. Cowboys klopfen in Western kernige Sprüche, sind Männer der Tat und halten Ideale wie Freundschaft, Loyalität und Ehre hoch. Treuer Begleiter des stets mit Colt und Lasso bewehrten Westernhelden ist sein Pferd. Wenn der Cowboy keine Vieherde hütet, rauft er sich in Saloons oder liefert sich Schießduelle mit seinesgleichen oder Indianern.

Fast zwei Monate lang präsentiert das Kino Arsenal nun klassische und unkonventionelle Western und dokumentiert auch ihre Entwicklung durch Subgenres und den Wertewandel in den westlichen Gesellschaften.

Vor allem frühe Western bedienen das Klischee eines Wilden Westens, den es in der Form wohl nie gegeben hat, der aber den Gründungsmythos der USA auch filmisch zementierte. Fords »Stagecoach« läutete die Blütezeit des klassischen Western in den USA der 40er und 50er Jahre ein, verzichtete aber schon auf viele Stereotype: So etwa bilden das Liebespaar ein entflohener Häftling (Wayne) und eine Ex-Hure (Claire Trevor). Der Film erzählt spannungsreich die abenteuerliche Fahrt einer Kutsche durch die Wüste und zeichnet dabei nuanciert das Verhältnis der Kutschenpassagiere untereinander und ihren gemeinsamen Kampf gegen kriegerische Apachen.

Eine klassische Westernstadt mit Saloons, Gefängnis und Hauptstraße bildet den übersichtlichen Rahmen in »Rio Bravo« (1959) von Howard Hawks. Darin sorgt der aufrechte Sheriff Chance (wieder Wayne) mit einem versoffenen und mit einem hinkenden Adjutanten, sowie einem milchgesichtigen Jung-Cowboy für Recht und Ordnung. Ein korrupter Rancher als Widersacher, amüsante Wortgefechte und tolle Schießereien – einmal wirft der Grünschnabel dem Haudegen ein Gewehr zu und dann werden in Sekundenbruchteilen Schurken in Überzahl erschossen: Das ist hohe Westernkunst.

Ford, Hawks, Anthony Mann gelten als klassische Western-Regisseure; Westernhelden sind außer Wayne Stars wie Gary Cooper (»12 Uhr mittags«) oder James Stewart (»Winchester ´73«). Doch spätestens in den 60er Jahren werden die Geschichten und Helden ambivalenter. Regisseure wie Sam Peckinpah (»Pat Garret and Billy The Kid«) interpretierten den Western neu, unter anderem unter dem Einfluss des Vietnam-Kriegs.

Vor allem machte dem amerikanischsten aller Filmgenres aber der Spaghetti-Western Konkurrenz. Durch Sergio Leones erfolgreiche »Dollar«-Trilogie beflügelt, übte sich das Subgenre in expliziter Gewalt; Rache oder Gier motivierten seine Helden. So endet Sergio Corbuccis »Leichen pflastern seinen Weg« (1968) mit einem Massaker, in dem zwar viel zu rotes Kunstblut fließt, das aber unter die Haut geht. Die in den 60ern größtenteils in Italien und Spanien massenhaft gedrehten Billigproduktionen punkteten mit einem »dreckigen« Look, ihre unrasierten Helden trugen Ponchos und Tierfelle.

Sergio Leone zelebrierte zudem die so genannte italienische Einstellung, das heißt extreme Nahaufnahmen der Gesichter oder Augen, wie beim Duell Henry Fondas mit Charles Bronson in »Spiel mir das Lied vom Tod« (1968).

Clint Eastwood, einst Held der Italo-Western der 60er Jahre, sollte als Regisseur später einer der wichtigsten Akteure eines amerikanischen Spätwesterns frei von Verklärungen werden. In dem großartigen Rache-Western »Der Texaner« (1976) umgibt sich der Held Josey Wales (Eastwood selbst) mit einer Ersatzfamilie, die einer Hippie-Kommune gleicht. Die amerikanischen Ureinwohner werden in Gestalt eines weisen und humorvollen alten Häuptlings aufgewertet.

In Eastwoods Meisterwerk »Erbarmungslos« (1992) schließlich gipfelt die Entmythologisierung des Westernhelden: Er verkommt zu einem gebrechlichen Kopfgeldjäger, der die Aggressoren einer Hure erschießt und am Ende seinen ermordeten schwarzen Freund (Morgan Freeman) in einem wahren Blutrausch rächt.

Bis 31. Juli, Arsenal am Potsdamer Platz, weitere Informationen unter der Tel.: (030)-269 55 100, www.arsenal-berlin.de/arsenal

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