Streit um Gutachten über Stasi-Kontakte

Untersuchung zu erstem Brandenburger Landtag

  • Lesedauer: 2 Min.
Die brandenburgische Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit tagt in knapp 14 Tagen. Dann steht ein Gutachten zur Debatte, das ein 20 Jahre zurückliegendes Kapitel beleuchten soll: die Stasi-Kontakte von Abgeordneten im ersten Landtag des Bundeslandes.

Potsdam (dpa/ND). Nach Bekanntwerden eines Gutachtens für die brandenburgische Enquetekommission zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit ist ein Streit über den Umgang mit dem Dokument entflammt. Das Gutachten untersucht nach Zeitungsberichten Stasi-Kontakte von Abgeordneten in den Anfangsjahren des Parlaments und des früheren Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD). Dabei geht es um die Jahre zwischen 1990 und 1994. Dem Papier zufolge hätten Stolpe und ein knappes Dutzend weiterer Parlamentarier im Land ihr Mandat zurückgeben müssen.

Die Überprüfung durch zwei Kirchenvertreter Anfang der 90er Jahre hatte aber nur zwei Bündnis 90-Abgeordneten die Abgabe ihres Mandats empfohlen. Zwölf weitere Abgeordnete waren als Grenzfälle eingestuft worden. Enquete-Kommissionsvorsitzende Susanne Melior betonte, das Gutachten zeige die Sicht der zwei Autoren. »Die vorgenommene Bewertung war nicht Auftrag«, stellte sie klar. Eine abschließende Betrachtung sei erst in der Kommission möglich. Nach Ansicht des Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Grüne, Axel Vogel, ist das Gutachten fachlich fundiert. »Es sollte ins Netz gestellt werden«, forderte er. Auch die Vertreterin der FDP in der Kommission, Linda Teuteberg, sprach sich bereits jetzt für eine öffentliche Diskussion des Papiers aus. Sie finde es unangemessen, bereits jetzt die Gutachter zu kritisieren. CDU-Fraktionschefin Saskia Ludwig wunderte sich über die Schärfe der rot-roten Regierungsfraktionen hinsichtlich des Gutachtens. Das empfinde sie als unfair gegenüber den Autoren, die sich bis zur Sitzung der Kommission am 24. Juni nicht äußern dürften.

Linksfraktionsvorsitzende Kerstin Kaiser betonte, es bestehe Interesse daran, darüber zu reden, was in den ersten fünf Jahren des Parlaments passiert sei. Warum aber habe eine Fraktion, die zehn Jahre die Regierung mitführte, diese Frage nicht früher gestellt, fragte sie in Richtung CDU. Die Christdemokraten mussten nach der Landtagswahl 2009 ihren Platz als Koalitionspartner für die LINKE frei machen.

SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Holzschuher wiederholte seine Kritik am Gutachten, das seiner Ansicht nach nicht wissenschaftlichen Kriterien entspreche. »Es sammelt leider nur unvollständige Fakten.«

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