Hängende Gärten im anarchomäßigen Ausbau
Die Initiative »Mediaspree versenken« stellt alternative Bauprojekte für das Kreuzberger Ufer vor
Das großflächige Mediaspree-Projekt bewegt weiterhin die Gemüter in Friedrichshain-Kreuzberg. Während die Grünen-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung angekündigt hat, diese Woche gegen die umstrittenen Hochhauspläne bei der geplanten Mercedes-Vertriebszentrale stimmen zu wollen, kümmert sich die Initiative »Mediaspree versenken« in einem Ideenaufruf bereits um das Kreuzberger Spreeufer.
»Starke Akzente setzen, Schlimmes verhindern und vielleicht sogar Außergewöhnliches erreichen«, ist das Ziel der Initiatoren. Am Samstag lud man daher Interessierte in die Räume der NGBK in die Kreuzberger Oranienstraße. Ausgearbeitete Pläne wurden vorgestellt, und es wurde diskutiert, um ein Stimmungsbild zu erhalten.
»Sämtliche Grundstücke stehen unter einem starken Veränderungsdruck, auf den wir reagieren«, sagt Carsten Joost, Sprecher von »Mediaspree versenken«. Sowohl politisch als auch auf Investorenseite ist vieles in Bewegung. So hatte der Liegenschaftsfonds Berlin die Vorgabe bekommen, nicht mehr nur den höchstmöglichen Verkaufspreis für Landesgrundstücke in Betracht zu ziehen. Soziale und stadtentwicklungspolitische Ziele genießen so höhere Priorität. Auch scheint sich ein neuer sozialer Wohnungsbau abzuzeichnen.
Die Immobilienfirma IVG hat soeben die ihr gehörende Brache an der Cuvrystraße nach Jahren, in denen nicht gebaut wurde, verkauft und unlängst interessierte sich die Münchner Immobilienfirma Investa für die Lohmühleninsel. In absehbarer Zeit steht auch der Wegzug der Umzugsfirma Zapf vom Spreeufer an. »Zapf möchte allerdings Gutes hinterlassen. Man möchte sich nicht blamieren im Kiez«, glaubt Carsten Joost.
Den Auftakt zu den vorgestellten Projekten bildete der vom auch als Solarbootunternehmer bekannten Arno Paulus ausgearbeitete Entwurf für eine sozial-ökologische Spreeufersatzung. Er sieht unter anderem den Schutz des Baumbestandes, die Uferrenaturierung, einen hohen Anteil von Wohnungen für wirtschaftlich schwache Mieter sowie langfristig die Schaffung und Ansiedlung von flussspezifischen Handwerken wie Fischerei oder Bootsbau vor.
Auch viele konkrete Planungsvorschläge wurden vorgestellt. Christian Schöningh vom Architekturbüro »Die Zusammenarbeiter« kann sich einen Umbau des Viktoriaspeichers für studentisches Wohnen vorstellen. Wolfgang Bankstahl möchte den Interessengegensatz von Investoren und Öffentlichkeit durch seine »Spreeterrassen« auflösen. Durch gestufte Bauweise und Freitreppen bis auf die höchsten – begrünten – Dachebenen sollen die Kreuzberger ihr Grün und die Investoren ihre Baumassen bekommen.
Noch avantgardistischer sind Wolfgang Göscherts hängende Gärten: Die Grundkonstruktion soll von einer Baufirma erstellt werden, der Rest soll im »anarchomäßigen Selbstausbau« von den künftigen Nutzern kommen. Constantin Mawrodiew möchte die Spreebadekultur wieder beleben. Dafür sollen Bauflächen möglichst kleinteilig bleiben, »um für Großinvestoren nicht so attraktiv zu sein«. Das Architekturbüro »rare berlin« sieht einen großen Theater- und Kulturcampus nebst Seebühne und frei schwebenden begehbarem Gartendach vor. »Das ist so nur von Großinvestoren realisierbar«, heißt es dazu aus dem Publikum.
Begehbare Gartendächer, Baden im Fluss, genossenschaftliches Wohnen, Bühnen am oder im Wasser, die Berliner Mischung aus Wohnen und Kleingewerbe – diese Schnittstellen gibt es zwischen fast allen Projekten. »Es lohnt durchaus, sich mit den Privatgrundstücken auseinanderzusetzen«, meint Joost. »Wir haben nämlich eine gewisse Unterstützung beim Bezirk.«
Beiträge für den Ideenwettbewerb noch bis 18. September. Informationen dazu gibt es unter www.ms-versenken.org.
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