Grüne Jugend rebelliert gegen Atomkurs

Umweltverbände und Parteilinke lehnen Zustimmung zum schwarz-gelben Ausstiegsgesetz ab

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf einem Sonderparteitag am Samstag in Berlin will die Spitze der Grünen ihre Basis auf die Zustimmung zum schwarz-gelben Atomgesetz einschwören. Innerparteilich steht ihr Kurs bei Parteilinken und der Grünen Jugend in der Kritik. Diese sorgen sich auch um das Verhältnis zu Umweltverbänden und Anti-AKW-Initiativen, die die Delegierten in einem Offenen Brief aufgefordert haben, sich gegen den Atomfahrplan auszusprechen.

Der Streit um den Atomkurs der Grünen verschärft sich. Dieser Tage plädierte die Grüne Jugend dafür, den Leitantrag der Parteispitze zum schwarz-gelben Atomausstieg bis zum Jahr 2022 abzulehnen. Die Sprecherin der Grünen Jugend, Gesine Agena, forderte kürzere Laufzeiten. Der Parteinachwuchs hält einen Atomausstieg im Jahr 2015 für möglich. Zudem sorgt sich Agena um das Verhältnis zwischen Grünen und der Anti-AKW-Bewegung. Dieses hatte sich infolge des im Jahr 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung vereinbarten Atomkonsens deutlich abgekühlt. Als Oppositionspartei näherten sich die Grünen wieder der Bewegung an.

Umweltverbände und Anti-AKW-Initiativen haben nun in einem Offenen Brief die Parteitagsdelegierten dazu aufgerufen, den schwarz-gelben Atomfahrplan abzulehnen. Ansonsten würden alte Gräben zwischen der Anti-AKW-Bewegung und den Grünen wieder aufgerissen. Zu den Unterzeichnern zählen der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Robin Wood, ».ausgestrahlt«, Campact, die Naturfreunde Deutschlands, die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) sowie die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg. Stimme der Parteitag dem schwarz-gelben Atomfahrplan zu, führe dies die von den Grünen nach dem GAU von Fukushima erhobene Forderung nach einem Ausstieg bis 2017 ad absurdum. »So entsteht der Eindruck, aus Angst vor Kampagnen der politischen Konkurrenz grüne Kernpositionen zu räumen«, heißt es in dem Brief.

Auf ihrer Webseite wirbt derweil die Parteiströmung Grüne Emanzipatorische Linke für eine Änderung des Antrages. Sie kritisiert, dass sechs Atomkraftwerke erst nach dem Jahr 2021 abgeschaltet werden sollen. Die konzentrierte Abschaltung mehrerer AKW ermögliche »am Ende des Zeitraumes eine erneute Revisionen des Atomausstiegs«, heißt es in dem Papier. Gefordert wird unter anderem eine »rechtssichere und unumkehrbare Festschreibung des Atomausstiegs« als Voraussetzung für eine Zustimmung zur Atomgesetznovelle. Bisher wird der Entwurf von 190 Unterzeichnern unterstützt.

Prominente Kritiker des Ausstiegsgesetzes sind zudem die Parteilinken Hans-Christian Ströbele und Sven Lehmann, Chef des Landesverbands Nordrhein-Westfalen. Ströbele kündigte an, gegen das Gesetz zu stimmen, wenn sich in den parlamentarischen Beratungen keine wesentlichen Verbesserungen ergäben.

Die Grünen-Spitze versucht indes, den innerparteilichen Konflikt kleinzureden. Der Antrag repräsentiere alle Teile der Partei – auch den linken, sagte etwa Fraktionschef Jürgen Trittin der »Rheinischen Post«. Auch die Parteivorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir verteidigten das Papier.

Darin wird bemängelt, dass Schwarz-Gelb bis zum Jahr 2020 lediglich einen Ökostromanteil von 35 Prozent erreichen und weiter auf Kohlekraft setzen will. Ein Ausstieg bis zum Jahr 2017 sei möglich. Der Schwenk in der Atompolitik der Bundesregierung wird aber als »Schritt in die richtige Richtung« bezeichnet. Spätestens ab 2013 würde dann der eigentliche Atomausstieg beginnen. Dann hoffen die Grünen, wieder an der Regierung beteiligt zu sein.

Die Haltung der Grünen Spitzenpolitiker hatte auch Spekulationen über eine Annäherung an das konservative Lager genährt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hält sich diesbezüglich bedeckt, aber die Mehrheit ihrer Wähler könnte sich laut einer Emnid-Umfrage durchaus mit einer schwarz-grünen Bundesregierung anfreunden. Fast zwei Drittel der Grünen-Sympathisanten lehnen dagegen diese Verbindung ab.

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