Nase voll vom Bittsteller-Dasein

Sächsische Landjugend stellt die Arbeit ein

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Kürzungen der sächsischen Regierung beim Sozialen zeigen Wirkung: Mit der Sächsischen Landjugend stellt ein Verein, der Jugendleben auf den Dörfern organisierte, seine Arbeit zum Jahresende ein – aus Geldmangel.

Der Berufswettbewerb des Bauern-Nachwuchses braucht bald einen neuen Ausrichter. Gleiches gilt für eine Aktion, bei der 3000 Jugendliche in ganz Sachsen binnen 48 Stunden animiert wurden, sich ehrenamtlich zu engagieren. Beides sind Projekte der Sächsischen Landjugend – besser: Sie waren es. Der Verein, bisher der einzige ausschließlich auf dem Land tätige Jugendhilfeträger in Sachsen, wird Ende 2011 die Arbeit einstellen.

Erst rückwirkend gekürzt

Verdorren lassen hat die Landjugend das Dresdner Sozialministerium. Im Rahmen einer groß angelegten Kürzungswelle, bei der das Land 2011/12 insgesamt 2,5 Milliarden Euro strich, wurde auch die Förderung für die Jugendarbeit gesenkt. Die Landjugend verzeichnete 2010 ein Minus von 47 000 Euro, 2011 waren es 30 000 Euro. Größtes Problem: Die Kürzungen wurden rückwirkend mitgeteilt. Die Regierung, sagt daher Landesbildungsreferent Björn Redmann, »ist nicht mehr verlässlich«.

Dieser Umstand hat wohl mindestens ebenso zur Resignation geführt wie die Kürzungen. Redmann zitiert Äußerungen einer Staatssekretärin, für Häkelkurse auf dem Land gebe es kein Geld mehr. Sozialministerin Christine Clauß habe gesagt, den Vereinen fehle es an Kreativität, mit Kürzungen umzugehen. »Wir werden nicht mehr ernst genommen«, sagt Redmann. Zum Jahresende werden nun die Büros geschlossen, alle Mitarbeiter entlassen und Projekte eingestellt.

Das Signal sollte ernst genommen werden, sagt Hartmut Mann, Referent für Jugendhilfe beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Sachsen. Die Landjugend sei »ja nicht der Gänseblümchen e.V., sondern einer der größten Träger der überörtlichen Jugendarbeit«, merkt er an. Die Abwicklung zeige aber, wie solche Vereine »finanziell ausgezehrt werden«. Redmann rechnet vor, dass der Verein in den letzten Jahren 128 000 Euro an Fördergeldern für Personal und Projekte eingebüßt habe. Zur Auszehrung trägt laut Mann zudem nicht zuletzt die Forderung des Sozialministeriums bei, Eigenmittel in Höhe von 20 statt zehn Prozent der Fördersumme aufzubringen.

Das hat besonders für Jugendvereine ohne eine starke »Erwachsenen-Organisation« fatale Folgen: Sie stünden vor der Wahl, zunehmend kostenpflichtige Angebote zu organisieren, Mitarbeiter schlechter zu entlohnen oder diese gar zu Spenden an den Träger zu nötigen. »Ich halte das für einen Fehler«, sagt Mann, der warnt, bei einer Beibehaltung der jetzigen Praxis werde es bald weitere Fälle dieser Art geben: »Das wird nicht der letzte Verein sein, der aufgibt.«

Markt soll sich bereinigen

Im Landtag sorgt der Handtuchwurf des Vereins für Aufregung; die Opposition mahnte die schwarz-gelbe Regierung einhellig zu Korrekturen in der Förderpolitik. Redmann indes hält es nicht für ausgeschlossen, dass man im CDU-geführten Sozialministerium darauf gesetzt hat, dass die Sächsische Landjugend von selbst aufgibt. Er rechnet vor, dass die Jugendpauschale um 27 Prozent und die Zuwendungen für überörtliche Jugendarbeit um 30 Prozent gekürzt worden seien, es also viel weniger Geld zu verteilen gibt. Gestrichen und gekürzt worden sei aber »ohne jedes Konzept«, klagt der Landesbildungsreferent: »Man hofft offenbar, dass sich der Markt bereinigt.« Ein gewichtiger Spieler ist nun Ende 2011 schon mal weg.

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