Chaotischer Proporz in Griechenland
Politologin Vassiliki Georgiadou sieht die Krisenursachen vor allem im Parteien-Klientelismus
Vassiliki Georgiadou (geb. 1959 in Thessaloniki) ist Professorin für Politikwissenschaften an der Panteios-Universität in Athen und stellvertretende Professorin am Athener Institut für Politikwissenschaft und Geschichte. Die Parteienforscherin, die an der Universität Münster promoviert hat, veröffentlichte 2010 eine viel beachtete, umfassende Studie zu rechtsextremen Parteien in Europa. Mit Georgiadou sprach Martin Lejeune.
ND: Sie sind oft auf dem Syntagma-Platz. Wie sieht's dort aktuell aus?
Georgiadou: Es gibt verschiedene Gruppierungen, die ihren Platz gefunden haben, von Ultranationalisten mit antidemokratischer Haltung bis zu Anarchisten. Gemeinsam ist die Stimmung gegen die heutige Politik in Griechenland.
Wie würden Sie die wirtschaftliche Lage charakterisieren?
Als schwierig und kritisch. Die einfachen Bürger und die Regierenden haben die Kontrolle über die Entwicklung verloren. Griechenland erleidet derzeit die größte Krise, seitdem der Staat existiert. Die Regierung hat drastische Kürzungen beschlossen, bei Gehältern, sozialen Leistungen und öffentlichen Einrichtungen. Fast jeden Tag verkündet sie neue soziale Brutalitäten. Nehmen Sie mich als Beispiel: Mit 17 Jahren Lehrerfahrung verdiene mit meinen zwei Stellen 2000 Euro im Monat. Damit gehöre ich zu den Besserverdienenden. Nun wird mein Gehalt um 20 Prozent gekürzt. Dabei ist das Leben in...
Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.