SPD wählte neuen Polizeipräsidenten

Halber Senat trifft Entscheidung / LINKE kritisiert Hansen als wenig bürgernah

  • Lesedauer: 2 Min.

(dpa). Der umstrittene frühere Chef der Bundespolizei-Ost, Udo Hansen, soll laut Senatsbeschluss neuer Berliner Polizeipräsident werden. Das entschied der Senat am Dienstag mit den Stimmen der SPD-Senatoren gegen die Linkspartei-Vertreter. Hansen (58) soll aber erst offiziell ernannt werden, wenn das Oberverwaltungsgericht über die Klage eines unterlegenen Bewerbers entschieden hat. Die LINKE lehnt Hansen ab, weil er als wenig liberal gilt.

Die Entscheidung im Senat fiel auf Vorschlag von Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Hansen selber nahm nicht an der Senatssitzung teil und hatte sich vorher auch den Regierungsfraktionen nicht vorgestellt, weil das im Auswahlverfahren für Beamte nicht üblich ist. Das Oberverwaltungsgericht habe bis zum Dienstag noch keine Entscheidung getroffen, sagte eine Gerichtssprecherin der dpa. Momentan liefen noch Fristen für Stellungnahmen.

LINKE-Fraktionschef Udo Wolf sagte, seine Fraktion habe Zweifel an der Eignung Hansens auch wegen offener Fragen zu dessen Biografie. Daher sei die Entscheidung des Senats »bedauerlich«. Man frage sich, ob der designierte Polizeipräsident die von seinem Vorgänger Dieter Glietsch eingeführte Deeskalationsstrategie fortsetzen werde. »Nach allem, was wir wissen, ist Hansen nicht mit dem Leitbild einer modernen und bürgernahen Großstadtpolizei vereinbar.« Zudem gebe es Klärungsbedarf zu Hansens Einsätzen in Saudi-Arabien und beim Bundesgrenzschutz, betonte Wolf. Die LINKE möchte ein neues Personalauswahlverfahren, in dem sich auch die Vize-Polizeipräsidentin Margarete Koppers bewerben könne. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Volker Ratzmann kritisierte: »Das ganze Verfahren um die Stellenbesetzung zeigt, dass der Senat sein Handwerk für Berlin nicht versteht.«

Hansen, der SPD-Mitglied ist, war bis Anfang 2008 Präsident des Bundespolizeipräsidiums Ost, das bis 2005 Bundesgrenzschutzpräsidium hieß. Zuständig war er für rund 9000 Bundespolizisten in Berlin, Brandenburg und Sachsen, ausgenommen Leipzig. Im März 2008 wurde die Bundespolizei neu organisiert und Hansen schied aus. Gemeinsam mit anderen führenden Bundespolizisten hatte er die Reform des Bundesgrenzschutzes durch Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) kritisiert. Danach arbeitete er als Sicherheitsberater für einen europäischen Rüstungskonzern in Saudi-Arabien.

Kritisiert wurde Hansen besonders Ende der 1990er Jahre. Als Chef des Bundesgrenzschutzes am Flughafen Frankfurt am Main ließ er Zäune und Stacheldraht um Unterkünfte von Asylbewerbern ziehen, um deren Flucht zu verhindern.

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