Bewährung nach Kindstötung

20-jährige Mutter wegen Totschlags verurteilt

  • Lesedauer: 2 Min.

(dpa). Eine 20-jährige Mutter, die ihr neugeborenes Baby im eisigen Winter aus dem Fenster geworfen hatte, ist vom Berliner Landgericht wegen Totschlags zu zwei Jahren Jugendstrafe mit Bewährung verurteilt worden. Der Säugling konnte nicht gerettet werden. Das Gericht ging von einer extremen Ausnahmesituation aus. Die Frau habe die Geburt verdrängt und sei an dem Tag überrascht worden. »Es war eine verzweifelte Situation, sie war nicht Herr ihrer Sinne«, argumentierte das Gericht.

Die Rumänin war im September 2010 in die Hauptstadt gekommen, um Geld für ihre zweijährige Tochter in der Heimat zu verdienen. Die einzige Möglichkeit war aus Sicht der Frau die Prostitution. Die schwangere 20-Jährige hatte gehofft, ihr Baby im Januar in Rumänien auf die Welt zu bringen. Als plötzlich die Wehen einsetzten, kam es zu der schrecklichen Kurzschlussreaktion, so das Gericht. Strafverschärfend werteten die Richter aber, dass die Angeklagte Hilfsangebote nicht angenommen hatte.

Die Verzweiflung muss groß gewesen sein, als sie sich entschloss, das Neugeborene aus dem ersten Stock in die Tiefe zu werfen. Die Freundin eines Mieters rauchte im Hof und hörte ein Wimmern. »Ich sah ein Händchen«, erinnerte sich die 51-jährige Krankenschwester. Ihr Lebensgefährte wickelte das Kind in Handtücher und alarmierte Rettungskräfte. In den nächsten Stunden kämpften Ärzte vergeblich um das Leben des Kleinen. Der Junge starb an Unterkühlung.

Die Version der Verteidigung, Menschenhändler könnten für den Tod des Babys verantwortlich sein, schloss das Gericht aus. Freundinnen hatte die 20-Jährige bei deren Besuch in der Haftanstalt erzählt, sie sei nach der Geburt ohnmächtig gewesen. Eine Bekannte habe den Jungen aus dem Fenster geworfen. Ob diese Frau und vier weitere Landsleute, die während der Geburt in der Wohnung waren, zu Menschenhändlerkreisen gehören, konnte das Gericht nicht aufklären. Skrupellose Zuhälter hätten das Kind sicher nicht aus dem Fenster geworfen, wo es schnell entdeckt wird, argumentierte der Richter.

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