Kaisersohn und Bayern-Exilant

Otto (von) Habsburg soll dennoch in Österreich beerdigt werden

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 2 Min.
Einen Tag nach seinem Tod ist der österreichische Kaisersohn Otto (von) Habsburg in seinem Wohnort in Pöcking (Bayern) aufgebahrt worden. Erst vor zwei Wochen hatte das Parlament in Wien das österreichische Wahlrecht dahingehend geändert, dass »Mitglieder regierender Adelshäuser« das passive Wahlrecht erhalten, was sie bisher nicht hatten.

Um Bundespräsident werden zu können, ist der als Thronfolger vorgesehen gewesene 98-jährige Otto allerdings zu früh gestorben. Otto Habsburg, dem wie allen Adeligen in Österreich per Verfassungsgesetz seit 1919 das Tragen des »von« verboten ist, wurde unter der Herrschaft seines Urgroßonkels, Kaiser Franz Joseph, im Jahr 1912 geboren. Ottos Vater Karl übernahm dann 1916 Kaiserwürde und Kriegsführung und brachte in den mutmaßlich verlustreichsten Schlachten der Weltgeschichte am Isonzo im heutigen Slowenien Giftgas zum Einsatz. Nach dem Auseinanderbrechen der Donaumonarchie ging er ins spanische Exil. Zuvor hatte er noch die Rechtmäßigkeit des republikanischen Umbruchs bestritten, indem er die Regierung vom November 1918 als eine Revolutionsregierung bezeichnete, die »die von Gott eingesetzte Staatsgewalt beseitigt hat« – was von ihm nicht als Fortschritt gemeint war.

Ein eigenes »Habsburgergesetz« vom 3. April 1919 aberkannte sämtliche Adelstitel, verwies die Mitglieder der ehemaligen Kaiserfamilie des Landes und überführte deren Eigentum in Staatsbesitz. Otto Habsburg erhielt zwar einen österreichischen Pass, jedoch mit dem Vermerk, dass eine Einreise nach Österreich nicht gestattet war. So erwarb der umtriebige Reaktionär die (west)deutsche Staatsbürgerschaft, schloss sich in Bayern der CSU an und machte dort eine – aus familienhistorischer Perspektive – kleine politische Karriere.

Erst 1966, unter der Alleinregierung der konservativen Österreichischen Volkspartei, gelang Otto erstmals die Einreise in die Alpen- und Donaurepublik, nachdem er zuvor eine Verzichtserklärung, die Güter der Habsburger betreffend, unterzeichnet hatte.

Ausgerechnet die Grünen heizten im Jahr 2009 die Debatte um die Wählbarkeit von Habsburgern zum Staatsoberhaupt neu an. Ulrich Habsburg, ein Neffe dritten Grades vom CSU-Mann Otto, war im kärntnerischen Wolfsberg als grüner Mandatar engagiert und erklärte, zur damals bevorstehenden Bundespräsidentenwahl antreten zu wollen. Flugs brachte der Vorsitzende der Grünen Ende 2009 einen parlamentarischen Antrag im Parlament hinsichtlich der »diskriminierenden Bestimmungen« zur Kandidatur von Habsburgern ein. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache unterstützte das Ansinnen. Tatsächlich setzte das Parlament am 16. Juni 2011 den entsprechenden Paragrafen aus, der »Mitgliedern regierender Adelshäuser« in Österreich das passive Wahlrecht zur Präsidentenkandidatur verwehrt hatte.

Das Enteignungsgesetz der Habsburger blieb unberührt. Wer die nach politischen Ämtern Ausschau haltenden Nachfahren von Otto Habsburg bei ihren Auftritten beobachtet hat, kann allerdings sicher sein, dass in dieser Generation keiner das höchste Amt im Staate bekleiden wird.

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