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Aufschwung geht an Behinderten vorbei
Von der Konjunktur haben diese Menschen kaum etwas / Arbeitgeber zahlen lieber Strafe
Die Wirtschaft ist richtig in Schwung und Monat für Monat geht die Zahl der Arbeitslosen zurück. Ausgenommen von der guten Entwicklung sind Schwerbehinderte. Der wirtschaftliche Aufschwung macht in Brandenburg nach Angaben von Sozialminister Günter Baaske (SPD) um diese Menschen einen großen Bogen.
»Die Erholung auf dem Arbeitsmarkt ist bei den Betroffenen noch nicht angekommen«, sagte Baaske. Im Juni war die Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten in der Mark um 6,3 Prozent auf 7411 gestiegen. Bei »normalen« Erwerbslosen verringerte sich die Quote im Vergleich zum Vorjahresmonat um 0,3 Prozentpunkte auf 10,3 Prozent.
Der von der Bundesregierung Ende Juni gestartete Aktionsplan zur besseren Einbeziehung von Behinderten in den Arbeitsalltag reicht nach Ansicht von Baaske nicht aus. Brandenburg will mit einem Bündel von Maßnahmen in diesem Bereich aktiv werden. Das Paket soll Ende November im Landtag beraten und zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung Anfang Dezember vorgestellt werden.
Baaske sagte, es gebe oft Unsicherheiten, Vorurteile und Unkenntnis, wie leistungsfähig Behinderte im Arbeitsleben sein können. Manche Arbeitgeber sagten: »Wenn ich einen Schwerbehinderten einstelle, kriege ich ihn nicht mehr los.« Behinderte hätten zwar besonderen Schutz, doch in vier von fünf Fällen stimme das Integrationsamt einer beabsichtigten Kündigung zu. »Es wird aber dem Arbeitgeber Unterstützung gewährt, um möglicherweise den Arbeitsplatz doch noch zu erhalten«, sagte Baaske. Bislang werden Behinderte zunächst in Integrations-Kitas erzogen, wechseln dann auf die Förderschule, kommen in eine überbetriebliche Einrichtung und landen dann zu oft in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. »Der Automatismus muss gebrochen werden«, forderte Baaske. »Es muss Alternativen geben.« Natürlich auch abhängig vom Grad oder der Art der Behinderung. »Behinderte dürfen nicht in Sondersystemen leben«, appellierte er.
Brandenburg forciere das Thema »Inklusion« – die gleichberechtigte Einbeziehung von behinderten Menschen in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens.
Bislang sei der Zugang zum »normalen« Arbeitsmarkt für diese Gruppe schwierig. Etwa die Hälfte der Schulabbrecher hätte keinen Abschluss, weil es den an Förderschulen nicht gebe. »Auch diese Jugendliche müssen eine Chance haben«, sagte er. An der Regelschule erhielten sie einen Abschluss und damit die Möglichkeit zu einer Lehre oder einem Studium.
Private und öffentliche Arbeitgeber mit mehr als 20 Arbeitsplätzen müssen mindesten fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzen. Wenn nicht, ist eine Ausgleichsabgabe zu zahlen. Im Vorjahr wurden daraus rund elf Millionen Euro in Brandenburg eingenommen – sechs Millionen Euro davon gingen an die Arbeitgeber, die ihrer Pflicht nachkamen. Geld floss auch in 25 Integrationsprojekte, in denen 245 besonders Schwerbehinderte eine Beschäftigung gefunden haben. 2009 waren in Brandenburg nach Angaben des Ministeriums 16 920 Pflichtarbeitsplätze besetzt – eine Quote von 4,1 Prozent.
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