Verfolgung und Rückkehr

Wanderausstellung »Jüdisches Leben in Pankow« im Jugendzentrum JUP

  • Ariane Mann
  • Lesedauer: 3 Min.

»Diese Ausstellung ist in Schulen zu Projekttagen sehr gefragt. Unlängst war sie im Carl-von-Ossietzky-Gymnasium. Wir organisieren dann Zeitzeugengespräche oder Spaziergänge zu jüdischen Friedhöfen«, erklärt der 30jährige Andreas Siegmund-Schultze vom VVN-BdA Berlin-Pankow und führt durch die Räume des unabhängigen Jugendzentrums Pankow (JUP) in der Florastraße, wo die Dokumentation »Jüdisches Leben in Pankow – vom Anbeginn zum Neubeginn« derzeit zu sehen ist. »Das ist gut und wichtig«, findet der Mediendesigner und Student der Volkswirtschaftslehre, der sich auch im Sprecherinnenrat des JUP e.V. engagiert.

Vor 15 Jahren wurde die Ausstellung über Leben und Wirken jüdischer Pankower, konzipiert von Dr. Inge Lammel, erstmalig gezeigt. »Vor etwa zwei Jahren, startete sie in veränderter Fassung abermals. An der Neugestaltung hatten sich junge Leute aus dem JUP beteiligt.« Das Zentrum feierte dieser Tage seinen 21. Geburtstag – auch mit der Ausstellung, die nun nicht nur junge Leute anzieht.

Auf 25 Bild- und Texttafeln wird jüdisches Leben im Altbezirk Pankow anschaulich dargestellt – von den aus den Akten entnommenen frühen Spuren, über die Ansiedlung von Ärzten, Handwerkern und Gewerbetreibenden, die Entrechtung und Verfolgung ab 1933 bis hin zur Rückkehr aus Lagern, Illegalität und Exil ab 1945. Man liest Namen wie Bertolt Brecht, Hanns Eisler, Stephan Hermlin, Kurt Stern, Arnold Munter, Marianne Wilczynski, Doris Kahane oder Ingeborg Hunzinger.

Die Autorin Inge Lammel, geboren 1924, gehörte auch zu denen, die nach Berlin-Ost zurückkehrten. Sie und ihre Schwester kamen mit einem Kindertransport 1939 nach England, die Eltern wurden in Auschwitz ermordet. Die Musikwissenschaftlerin baute das Arbeiterliedarchiv an der Akademie der Künste der DDR auf und leitete es bis 1985. Seit 1991 erforscht sie das Schicksal jüdischer Familien in ihrem Wohnbezirk. »Wir möchten zeigen, dass sich jüdische Geschichte nicht nur auf den Holocaust reduzieren lässt, auch wenn dieser schrecklichste Abschnitt der deutschen Geschichte die Pankower Juden am nachhaltigsten geprägt hat und dies bis heute noch tut.« Die Ausstellung richtet sich an Eltern, Lehrer, Sozialarbeiter. Jugendlichen und Schülern gibt sie Anregungen zur selbständigen Recherche. Die Multimedia-CD mit umfangreichem Zusatzmaterial ist im JUP zu bekommen, ebenso eine weiterführende Literaturliste.

Das leer stehende Haus in der Florastraße 84 wurde vor 21 Jahren für einen Tag von alternativen Pankower Jugendlichen besetzt. Dann bekamen sie im Rathaus den Schlüssel. »Heute ist es ein selbst verwaltetes, saniertes und gefördertes Jugendzentrum mit dem Café Stilbruch als Aushängeschild«, meint Manfred Wrubel. Der Sozialarbeiter aus Kreuzberg ist hier seit 13 Jahren Geschäftsführer und hat es mit »durchweg kreativen, aufgeweckten, intelligenten Jungen und Mädchen zu tun, kein auffälliges Klientel, eher eine leichte Aufgabe«.

Es ist dennoch eine spezielle Arbeit. Er sorgt zwischen Förderung und Überleben dafür, dass die jungen Leute sorgenfreier im Haus ihren Interessen nachgehen können. Und das sind nicht wenige. 150 Stammbesucher nutzen die 400 Quadratmeter unter anderem für Sport, Fotografie, Siebdruck oder Tonaufnahmen.

»Mit dem Tonstudio habe ich mir nach der Sanierung 2004 einen Traum verwirklicht«, sagt der Politikwissenschaftler Florian Kühne. Der 29jährige wird nun die Leitung Jüngeren übergeben, aber dennoch für Bands, die das Studio nutzen wollen, ansprechbar und dem JUP verbunden bleiben.

»Das JUP ist für sein gutes Kulturangebot, wie eben auch die Ausstellung über jüdisches Leben im Bezirk bekannt, aber auch als sicherer Ort vor jeglicher Gewalt«, meint der 52jährige Geschäftsführer. »Wir sind unabhängig von Politik, aber ein politisches Fenster, das wir öffnen, ist das gegen Rechts.«

Ausstellung im JUP bis 15. Juli, Mo.-Fr. 10-18 Uhr, Florastraße 84, 13187 Pankow, Tel.:48 63 82 00/01, www.jup-ev.org.

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