Ägypten in Braunschweig
Museum entdeckt kostbaren Bestand wieder
Braunschweig. Sie ist längst nicht so bekannt wie Nofretete, aber dennoch eine Besonderheit: Die Statue von Philippos III. Arrhidaios. Die weltweit einzige Statue, die mit dem Namen des Pharaos versehen ist, gehört dem Herzog Anton Ulrich-Museum (HAUM) in Braunschweig. Das Museum hat seine bislang eher wenig beachtete altägyptische Sammlung gerade wissenschaftlich aufgearbeitet – im nächsten Frühjahr ist eine Ausstellung geplant. Die 60 Zentimeter große rötlich-grau gefleckte Granitfigur des Pharaos ist schon jetzt in der Burg Dankwarderode zu sehen.
Dort hat das Museum, das gerade für rund 26 Millionen Euro eine Komplettsanierung erhält, sein Zwischendomizil aufgebaut. »Ägypten in Braunschweig, das ist außergewöhnlich«, erklärt Museumsdirektor Jochen Luckhardt. Das HAUM ist vor allem für seine Alten Meister wie Rubens und Rembrandt bekannt. Doch die Braunschweiger Herzöge waren fleißige Sammler, stolze 170 000 Kunstwerke aus allen Epochen gehören zum Bestand. Darunter sind die jetzt in einem Katalog neu erfassten 460 Exponate aus Stein, Bronze oder auch Holz aus der Zeit der Pyramiden und Pharaonen.
Philippos III. Arrhidaios regierte von 323 bis 317 vor Christus. Besonders beliebt war der als psychisch krank geltende Halbbruder von Alexander dem Großen wohl nicht, jedenfalls wurde er nach nur sieben Jahren Regentschaft hingerichtet. Münzen und andere Kleingegenstände tragen zwar sein Porträt, die Braunschweiger Statue ist nach jetzigem Kenntnisstand aber die einzige von ihm.
Den Braunschweiger Herzog Carl I. hat das im Jahr 1775 zunächst nicht beeindruckt. Aus einem Briefwechsel geht hervor, dass ein Hamburger Kunsthändler ihm die Figur, an der Nase und Arme fehlten, für 60 Reichstaler anbot. »Sie war ihm zu teuer, und außerdem bemängelte er, dass sie kaputt sei«, berichtet Regine Marth, Kunsthistorikerin im HAUM. So kam der Ankauf erst einmal nicht zustande.
»Damals gab es kaum Museen. Wenn man so ein Stück loswerden wollte, musste man sich an einen Hof wenden«, beschreibt Luckhardt den damaligen Kunstmarkt. Und so wurde dem Braunschweiger Herzog, der als großer Kunstfreund in Europa bekannt war, drei Jahre später das Stück von einem anderen Kunsthändler erneut offeriert. Diesmal stimmte offensichtlich der Preis – und die Figur hatte wieder Arme und Hände. »Für einen Laien ist es kaum zu sehen, dass die Arme nachträglich angebracht wurden«, sagt Luckhardt. Kenner sähen allerdings sofort, dass die Haltung der Hände für Ägypten absolut untypisch ist.
»Die Sammlung an altägyptischen Objekten wurde jetzt das erste Mal vom imaginären Staub der Jahrhunderte befreit«, sagt Luckhardt. Mit erfasst wurden auch Objekte des Städtischen Museums, die bereits seit 1906 aus fachlichen Gründen in dem Braunschweiger Museum aufbewahrt werden. Seit Mitte der 90er Jahre lässt Luckhardt die Magazine des Museums wissenschaftlich aufarbeiten.
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