»Ich nehme teil«
Facebook-Gemeinde spottet über CDU-Sommerfeste
Thomas bringt Kartoffelsalat mit, Frank Bier. Das Interesse am Sommerfest der CDU in Hasloh ist groß. Zu groß, findet der Ortsverband in Schleswig-Holstein. »So was ähnliches wie Hausfriedensbruch« befürchtet Michael Witt – sollte nur ein Bruchteil der mehr als 1350 Leute kommen, die sich bisher auf der Internetplattform Facebook für den Termin angemeldet haben. Mit einem Klick auf den »Ich nehme teil«-Button. Satire oder Ernst? Der CDU könnte ihre Internetskepsis zum Verhängnis zu werden.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann war mit der Forderung nach einem Partyverbot vorgeprescht, wenn es im Vorfeld konkrete Hinweise auf eine Gefahr für Teilnehmer oder Unbeteiligte gebe. Auslöser war der Geburtstag der Hamburgerin Thessa, als 1600 Gäste vor der Tür standen und die Polizei auf den Plan riefen. Sie hatte die Einladung auf dem Sozialen Online-Netzwerk versehentlich für alle sichtbar veröffentlicht.
Dagegen sind die Feiern der Parteien natürlich für ein breites Publikum bestimmt. Zwar betont Witt: »Willkommen ist nur, wer sich mit Hasloh verbunden fühlt.« Guido Kaupat vom CDU-Stadtverband im südhessischen Dietzenbach, dessen Sommerfest sich gleichfalls digitaler Beliebtheit erfreut, räumt jedoch ein: »So eine Veranstaltung ist eh öffentlich. Ich hänge ja auch Plakate auf.«
Dennoch war die Resonanz im Netz so enorm, dass Kaupat die Facebook-Seite zum Sommerfest kurzerhand sperrte. Kommentieren ist jetzt nicht mehr möglich. Als »Service« schaffte vermeintliche politische Konkurrenz einen Ersatz: »Die Partei«, gegründet vom Satiriker Martin Sonneborn, kopierte den Termin und sammelte bislang mehr als 750 Zusagen. Kaupat zufolge kamen in der Vergangenheit sonst bloß 150 Gäste.
»Warum auch nicht zur CDU gehen«, meint der politische Geschäftsführer des hessischen »Die Partei«-Landesverbandes, Jan Steffen. Ziel des Volks sei es offensichtlich, die Hüpfburg zu besichtigen und am Luftballonwettbewerb teilzunehmen, tut Steffen bierernst. Neben Mitgliedern des Landesverbandes, der sich als »kleine, schmierige und populistische Partei« beschreibt, haben Steffen zufolge auch Genossen aus Hamburg und Berlin ihr Kommen angekündigt – »um den Dialog mit dem politischen Gegner zu suchen«.
Dass einige der Partygäste für schlechte Stimmung oder gar Randale sorgen könnten, befürchtet Steffen nicht. Die CDU in Dietzenbach hat aber vorsichtshalber schon mal die Polizei eingeschaltet. »Gegebenenfalls hat sich »Die Partei« strafbar gemacht«, erklärt Kaupat. Er ist sich zwar sicher, dass der Anlass satirisch und humoristisch gemeint war. »Ich glaube aber, dass es ihnen entgleitet, irgendwann.« Wer Geld zahle und lange Anfahrtswege auf sich nehme – wie im Fall Thessa –, meine das nicht mehr nur lustig.
Noch blickt Kaupat dem 21. August aber gelassen entgegen. Ein bisschen freut er sich sogar über den Facebook-Hype: »So viel Presse hat ein Sommerfest in Dietzenbach noch nie gehabt.« Für das Ergebnis heißt das aber nichts: An einer Veranstaltung der CDU in Berlin-Spandau über innere Sicherheit waren rund 400 Facebook-Mitglieder interessiert. Es kamen knapp 40, die auch ohne Internet da gewesen wären, wie Heiko Melzer sagt. Er hatte die Einladung seinerzeit gelöscht, weil in einigen Kommentaren Politikern Gewalt angedroht wurde. Aus Schreck über den Online-Ansturm räumten auch andere CDU-Ortsvereine ihre Termine von der Plattform.
Die SPD hat von der Begeisterung für politische Sommerfeste noch nichts abbekommen, so eine Sprecherin. Vielleicht liegt es an der internetpolitischen Linie der Sozialdemokraten, vielleicht ist es Glück. Die SPD werbe jedenfalls weiter bei Facebook für ihre Veranstaltungen. Frei nach dem Credo des Netzwerks: »Gefällt mir«.
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