Halb voll und rosarot
Finale: Die USA setzen gegen Japan vor allem auf ihre positive Einstellung
Frankfurt am Main
Pressekonferenzen sind oft recht langweilig. Nicht aber, wenn Pia Sundhage auf dem Podium sitzt. Da überrascht die schwedische Trainerin der Nationalmannschaft der USA schon mal gern mit einem Liedchen. Danach gefragt, wie sie ihren Spielerinnen die Nervosität vor dem WM-Finale am Sonntag gegen Japan nehmen will, beginnt Sundhage plötzlich zu singen. »Komm mal runter, Du rennst zu schnell. Du musst den Spaß suchen und Dich gut fühlen«, trällert sie eindrucksvoll den »59th Street Bridge Song« von Simon & Garfunkel und erntet Szenenapplaus der Journalisten.
»Ja, Pia ist schon etwas Besonderes. Ich liebe sie«, sagt Heather O’Reilly, obwohl das nach den ersten zwei Trainingstagen unter der neuen Trainerin im Jahr 2008 noch ganz anders war. Damals beorderte Sundhage die Stürmerin auf die Außenbahn. »Da war ich erst einmal sehr enttäuscht. Aber schon damals hat sie den Schritt nicht etwa mit meiner Torflaute begründet, sondern weil sie Vertrauen in meine Stärken hatte, die ihrer Meinung nach besser zu einer Flankengeberin passten«, so O’Reilly. Wenige Monate später schoss sie ein Tor und bereitete zwei weitere vor – im olympischen Halbfinale gegen Japan. Die USA gewannen 4:2 und wurden später Olympiasieger.
Sundhages Philosophie ist die vom halb vollen Glas. »Wenn eine Spielerin eine gute und eine schlechte Aktion macht, zeige ich ihr noch mal die gute und sage: ›Verdoppel das einfach!‹ So wird das Glas am Ende voll«, beschreibt Sundhage ihren Motivationsstil.
»Oh nein, Pias Glas ist nicht immer nur halb voll, es ist auch noch rosarot angemalt«, verbessert O'Reilly. »Ich habe noch nie eine positivere Trainerin erlebt als sie.« Und das will etwas heißen in den USA. »Als wir in Cancún gegen Mexiko verloren und beinahe die WM-Qualifikation verpasst hatten, ist jeder ausgeflippt. Nur Pia nicht«, erinnert sich Mittelfeldspielerin Carli Lloyd. »Sie so ruhig zu sehen, steckte an. Und schaut uns jetzt an: Wir stehen im Finale.«
Auch Lloyd hat gute Erinnerungen an die Olympischen Spiele von Peking. Damals trafen die Amerikanerinnen schon in der Vorrunde auf Japan und gewannen knapp mit 1:0. Den Treffer erzielte Lloyd. Überhaupt haben die Japanerinnen noch nie gegen die USA gewinnen können. 2011 gab es drei Niederlagen in drei Duellen. »Aber sie haben sich bei der WM enorm gesteigert. Sie spielen nicht mehr nur schön bis zum Strafraum. Jetzt schießen sie auch viele Tore«, warnt Lloyd davor, den Gegner zu unterschätzen. Den Fehler hatten bereits die deutsche und die schwedische Mannschaft gemacht.
Ausgerechnet aus jenem verlorenen olympischen Halbfinale ziehen die Japanerinnen bei dieser WM im Übrigen ihren größten Ansporn. »Es tat weh, so weit zu kommen und dann doch mit leeren Händen nach Hause zu fahren«, blickt Japans Spielführerin Homare Sawa auf den bittersten Moment ihrer Karriere zurück. Offene Rechnungen können offensichtlich auch motivieren.
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