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Scharmützel nach Gedenken an Carlo Giuliani

Unangemeldete Demonstration für von Polizei 2001 in Genua erschossenen Globalisierungskritiker in Kreuzberg

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Normalerweise beginnen linke Demonstrationen in Berlin immer mit einiger Verzögerung. Bei der nicht angemeldeten Gedenk-Demonstration für den im Jahr 2001 beim G8-Gipfel im italienischen Genua von einem Polizisten erschossenen Globalisierungskritiker Carlo Giuliani am Sonnabend war das gänzlich anders. Pünktlich um 22 Uhr startet nach einem Böllerschlag der Aufzug mit bis zu 1000 Teilnehmern aller Altersstufen. Diese ziehen äußerst zügig vom Lausitzer Platz Richtung Oranienstraße. Viele Autonome, die am Anfang der Demonstration in Ketten verschränkt laufen, haben sich vermummt – ohrenbetäubende Böller und Bengalische Feuer werden gezündet. Rufe wie »Policia – Assassini (Polizei – Mörder)« oder »Genua, das war Mord« hallen durch die Kreuzberger-Nacht.

Die Polizei, die mit mehreren Hundertschaften vor Ort präsent ist, zeigt sich zunächst überrascht vom Tempo der Aktion. Ein Polizeisprecher bezeichnet die Stimmung der Teilnehmer als »aggressiv«. Zuvor war am Sammelpunkt ein Versuch der Beamten via Lautsprecher gescheitert, am Lausitzer Platz aus der Menge doch noch einen Anmelder für die Demonstration zu gewinnen. Die Anfrage war mit Gejohle und Schmährufen bedacht worden.

So zügig wie die Demonstration beginnt, endet sie einige Straßenzüge weiter an der Manteuffelstraße Ecke Oranienstraße, dort kommt es zu ersten Auseinandersetzungen mit der Polizei, Autonome schmeißen Flaschen, Böller und zünden Rauchtöpfe. Größere Gruppen von Linksradikalen ziehen anschließend durch den Kreuzberger Kiez, und sammeln sich später erneut, unter anderem am »Carlo-Giuliani-Park« am Bethaniendamm.

Die Polizei versucht unterdessen immer wieder, die Spontanaufzüge zu unterbinden und zu zerstreuen. Dabei kommt es zu Festnahmen und Schubsereien. Linksradikale Kleingruppen ihrerseits liefern sich bis spät in die Nacht mit Polizisten Scharmützel. Nach Berichten wurde am Mariannenplatz auch ein Molotow-Cocktail geworfen. Auch die Scheiben einer Bank gehen zu Bruch. Wie die Polizei am Sonntag mitteilt, wurden 34 Beamte leicht verletzt. Einige hätten Knalltraumata erlitten. Es gab 33 Festnahmen, unter anderem wegen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung. Ein 20-Jähriger sollte noch am Sonntag einem Haftrichter vorgeführt werden.

Auf linken Informationsforen im Internet wie »Indymedia« ziehen Teilnehmer des Carlo-Giuliani-Gedenkens am Tag danach überwiegend eine positives Resümee. Es habe ein »würdiges Gedenken« an Giuliani gegeben, das als »Beispiel« Schulen machen solle, schreibt ein Kommentator. Harsche Kritik gibt es im Internet aber auch an den Würfen von Böllern, die unkontrolliert auch Passanten und Anwohner getroffen hätten.

Auch bei anderen Teilnehmern löst die Demonstration eher zwiespältige Gefühle aus. »Ich finde die Verallgemeinerung Polizei gleich Mörder unpassend«, sagt eine 39-Jährige dem ND. Natürlich sei es wichtig, an den Polizisten-Mord an Carlo Giuliani vor zehn Jahren zu erinnern. Nur ging es damals in Genua nicht nur um Hass auf die Polizei, sondern vielmehr um konkrete antikapitalistische Inhalte und die Hoffnung auf eine andere, bessere Welt. »Von all dem war hier in Kreuzberg heute kaum etwas zu spüren.«

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