LINKE in Stuttgart: Ungebeutelter Blick nach vorne
Parteitag im »Ländle« ohne Überraschungen / Bundesgeschäftsführer: 2013 »runderneuert« zur Bundestagswahl
Sämtliche KandidatInnen bekamen zwischen 80 und 90 Prozent der Stimmen – ein Signal der Basis, dass sie ihre Parteispitze nicht für das desaströse Landtagswahlergebnis verantwortlich macht. Die LINKE hatte bei der Wahl im März entgegen allen Erwatungen nur 2,8 Prozent der Stimmen bekommen. Nach dem guten Ergebnis bei der Bundestagswahl 2009 (7,2 Prozent im Ländle) ein umso stärkerer Schock. Der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Uli Maurer, der die Aufgabe hat, die Partei im Westen voranzubringen, erklärte auf dem Parteitag, er habe nach der Landtagswahl »Angst gehabt, dass uns das Ergebnis beutelt«. Nun aber sehe er mit großer Erleichterung, dass die Partei nach vorne blicke.
Unverkennbar war der Parteitag im Stuttgarter Gewerkschaftshaus darauf ausgerichtet, Geschlossenheit zu signalisieren. Streitereien, wie auf Bundesebene und auch in manch anderen West-Landesverbänden, vermeidet die baden-württembergische LINKE seit Jahren. Nicht nur, weil sie weiß, dass so etwas in der Öffentlichkeit schlecht ankommt, sondern auch weil es die großen inhaltlichen Differenzen nicht gibt. Dass die Gewerkschafter an der Parteispitze professionelle Übung darin haben, große Truppen zu einen, mag dabei auch eine Rolle spielen.
In seiner Eröffnungsrede machte Bernd Riexinger deutlich, dass sein Landesverband in der aktuellen Debatte um den Programmentwurf an der Seite des Bundesvorstandes steht. In einer dreiviertel Stunde handelte der Geschäftsführer von Ver.di Stuttgart die Kernthemen der LINKEN ab: Euro-Krise, Spaltung der Gesellschaft, prekäre Arbeitsverhältnisse, sofortiger Ausstieg aus der Atomkraft, gerechte Bildungschancen und natürlich Krieg und Frieden. Mit Blick auf Äußerungen aus anderen Landesverbänden bekräftigte Riexinger, dass die LINKE gegen jeden Einsatz der Bundeswehr ist und Krieg nicht als Mittel der Politik akzeptiere. »Das ist eine der vornehmsten Haltungen der LINKEN, die wir niemals aufgeben!«, rief er und erntete dafür heftigen Beifall. Neben der Vergewisserung, »dass die LINKE die einzige Partei ist und bleiben wird, die sich weder mit dem Kapitalismus noch mit sozialer Ungerechtigkeit abfinden wird«, zeigte Riexinger den Kurs für die kommenden Jahre auf. Man werde die neue Grüne-SPD-geführte Landesregierung – Riexinger: »Grün-Rot kommt mir nicht über die Lippen.« – an ihre Versprechen erinnern, Studiengebühren abzuschaffen und echte Gemeinschaftsschulen zu schaffen. Doch vor allem müsse die Partei sich in der Kommunalpolitik engagieren und ihre Leute animieren, sich mehr und besser zu qualifizieren, damit sie vor Ort kompetent auftreten können. Riexinger sprach eindringlich und engagiert, konnte am Ende sogar einige GenossInnen zu stehendem Applaus hinreißen.
Bundesgeschäftsführer Werner Dreibus lobte den Landesverband für seine Stabilität und schickte eine Rüge nach Berlin. Es sei zwar gut, wenn die Partei streitbar ist, doch Debatten solle man intern führen. »Wichtige Funktionsträger der Partei« rief er auf, in den Medien für linke Inhalte zu werben anstatt dort innerparteiliche Diskussionen zu führen. Dreibus zeigte sich überzeugt, dass mit dem Beschluss des Parteiprogramms auf dem Bundesparteitag im Oktober die Gründungsphase der LINKEN beendet sei. Dreibus: »Zur Bundestagswahl 2013 werden wir dann als runderneuerte LINKE zur Wahl stehen.«
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