Vom Angreifer zum Schauspieler
Beim Angriff Andy Schlecks auf das gelbe Trikot der Tour wird Alberto Contador zum Statisten
Von Tom Mustroph, Col du Galibier
Alberto Contador ist der Protagonist der Tour de France. Anders als er wohl selbst dachte, prägt der Spanier diese Frankreichrundfahrt. Statt einer Demonstration der Stärke ließ er sich zunächst im Flachland den Schneid abkaufen, hechelte dann in den Pyrenäen hinterher, entdeckte seine Angriffslust überraschenderweise auf Abfahrten wieder und bot auf der gestrigen Königsetappe der Tour von Pinerolo zum Col du Galibier sogar eine Schauspieleinlage. Am Col Agnel hielt er sich im Schwanz des Pelotons auf, ganz so, als sei diese Steigung zu viel für ihn. Auf diese Weise verpasste er allerdings den ersten großen Antritt Andy Schlecks am Col d'Izoard.
Dessen Team Leopard Trek nahm früh das Rennen in die Hand. »Das ist die Etappe, die die Entscheidung bringt«, hatte Andy Schleck schon vorher seine Ambitionen angekündigt. Zwei Leoparden waren in die Ausreißergruppe des Tages entsandt und machten dort auch munter Tempo.
Ihr ziel war nicht der Etappensieg am Col du Galibier, dem vor 100 Jahren zuerst per Rad bezwungenen Giganten auf 2645 Metern Höhe. Vielmehr wollten der Belgier Maxime Monfort und der Niederländer Joost Posthuma an Izoard und Galibier ihren Kapitänen Fränk und Andy Schleck zur Verfügung stehen. Wieviel Leopard sich vorgenommen hatte, zeigte auch, dass andere Profis des Luxemburger Rennstalls gleichzeitig das Peloton anführten. Tempo vorn und Tempo hinten war die Devise.
Das Team BMC vom Mitfavoriten Cadel Evans versuchte eine ähnliche Strategie, hatte aber die schwächeren Fahrer zur Verfügung. Der US-Amerikaner Brent Bookwalker und der Deutsche Marcus Burghardt mussten schon am Col Agnel passen. Bookwalker kam in der Abfahrt noch einmal an die Führungsgruppe heran, war am Izoard jedoch am Ende.
Gute Laune hingegen verbreitete Thomas Voeckler. Sein Europcar-Team beteiligte sich an der Führungsarbeit und der Chef ging auch mal kurz eine Attacke des Belgiers Philippe Gilbert (Omega Lotto) mit. Die Schleck-Attacke am Col d'Izoard veränderte das Spiel aber völlig. BMC übernahm danach die Nachführarbeit, und Contador, inzwischen immerhin vom Schwanz des Pelotons an dessen Kopf zurückgekehrt, versteckte sich hinter Evans Teamkollegen. Sein Optimismus – »Dies ist mein Tag«, hatte er der Tageszeitung »El Pais« versprochen – schien angesichts der Stärke von Andy Schleck so hinweggeschmolzen, wie es die Sonne mit dem Schnee der letzten Tage gemacht hatte.
2:10 Minuten fuhr der junge Luxemburger auf Contador & Co.allein am zweiten Berg des Tages heraus und sammelte viele der ursprünglichen Ausreißer ein. In der Abfahrt versicherte er sich der Dienste seines Helfers Monfort, während sich Contador weiter zurückhielt.
Monfort zog Schleck dann auch die Hälfte des Schlussanstiegs hinauf. Contadors Gegenattacke 13 Kilometer vor dem Ziel kam zu spät, da war Schlecks Vorsprung schon auf vier Minuten angewachsen. Und während sich hinten Evans und Co. gegenseitig beäugten, fuhr der Luxemburger eindrucksvoll Andy Schleck zum ungefährdeten Etappensieg.
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