FDP will mit Selbstironie punkten
Liberale stellen Wahlkampagne vor und setzen auf flotte Sprüche sowie das Potenzial der Unentschlossenen
Das Wahlkampfplakat, das die FDP gestern in ihrer Landeszentrale enthüllte, spielt auf das lichter werdende Haupthaar ihres 35-jährigen Spitzenkandidaten an: »Wenn er damit fertig ist, hat er gar keine Haare mehr: Christoph Meyer gegen 63 Milliarden Haushaltsschulden.«
Den Ansatz der FDP-Kampagne erklärte Wahlkampfleiter Roland Zielke: »Der Hang zur Selbstironie ist da«, mit viel Text und »einem gewissen Wortwitz« wolle man einen stark themenzentrierten Wahlkampf führen. Das vorgestellte Plakat gehört damit zu den Ausnahmen, eigentlich soll das Gesicht des Spitzenkandidaten nicht zu sehr im Vordergrund stehen.
Damit wolle man sich von der im Berliner Wahlkampf herrschenden »starken Personalisierung« abgrenzen. Christoph Meyer befand selbst, er sehe einem »schwierigen Wahlkampf« entgegen. Zum einen durch den Fokus auf die Spitzenkandidaten von SPD und Grünen. Zum anderen gab er zu bedenken: »Wir haben noch immer mit einem Vertrauensverlust zu kämpfen.«
In der jüngsten Umfrage verlor die FDP in der Wählergunst einen Prozentpunkt und könnte mit gerade einmal zwei Prozent der Stimmen nicht ins Abgeordnetenhaus einziehen.
Erklärtes Ziel ist es jetzt, diejenigen zu erreichen, »die sich nur vorstellen können, die FDP zu wählen«, aber aus Enttäuschung ihre Stimme gar nicht abgeben. Etwa 37 Prozent der FDP-Wähler sind unentschlossen, schätzt Meyer. »Wenn es uns gelingt, diese Unentschlossenen zu motivieren, werden wir kein Problem haben, über die Fünfprozenthürde zu kommen.«
Der Schwerpunkt der Wahlkampagne solle darum auf den »Kompetenzthemen« der FDP liegen: Wirtschaft, Arbeit, Bildung und Verkehr, erklärte Zielke. Die FDP stehe weiterhin »für weniger Bürokratie, weniger Verbote und mehr persönliche Freiheit«.
Letzteres wurde zum Wahlkampf-Slogan erkoren: »Die neue Wahlfreiheit«, heißt das Motto auf den Plakaten, deren Kreismuster im Hintergrund an eine Zielscheibe erinnert. Konzept der Kampagne ist ein Frage-Antwort-Spiel, so Zielke. Über Beamer zeigte er ein Beispiel – das man aber nicht im Stadtraum plakatieren, sondern als Postkarte drucken werde: »Was bitte ist ›die neue Wahlfreiheit‹? Es ist in etwa wie bei einer Ampel. Rot sagt: Sie halten jetzt; Grün: Sie fahren jetzt; Gelb: Sie entscheiden!«
Ab dem 31. Juli beginnt die Plakatierung von etwa 350 Großflächen und die Verteilung von 15 000 Plakaten, hauptsächlich im Südwesten Berlins, wo die Partei traditionell mehr Wähler erreicht. Hinzu kommen Postkarten und Werbeartikel wie der gelbe Küchenschwamm mit dem Aufdruck »Effektiver als Weichspülen«. Ab August gibt es einen offiziellen Internetauftritt. Für die Kampagne stehen 350 000 Euro aus Mitteln des Landesverbands zur Verfügung, hinzu kommen Spenden sowie Gelder aus den Bezirken.
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