Krampnitz: Potsdam steigt aus
Stadt betrachtet Flächenentwicklungspläne für ehemaliges Kasernengelände als unwirksam
Der umstrittene Verkauf von Militärflächen bei Krampnitz erscheint in einem völlig neuen Licht. Ende der Woche hatte die Stadt Potsdam entschieden, aus dem Entwicklungsvertrag zum früheren Kasernengelände auszusteigen. Schon am 14. Juli soll die Stadtverwaltung dies gegenüber der Projektentwicklungsgesellschaft TG Potsdam erklärt und alle Planungsunterlagen und Anträge zurückgesandt haben.
Der Verkauf dieses Areals, unmittelbar neben der boomenden Landeshauptstadt Potsdam gelegen, ist seit einem Dreivierteljahr Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Die mit Billigung des damaligen Finanzministers Rainer Speer (SPD) erfolgte Veräußerung des 112 Hektar großen Areals für 4 Millionen Euro ist nach Annahme der Opposition zum Nachteil des Landes erfolgt. Tatsächlich bestätigte ein Gutachten der Potsdamer Staatsanwaltschaft dieser Tage, dass die Flächen um 1,5 Millionen Euro zu billig abgetreten worden seien.
Der Untersuchungsausschuss konnte bislang nicht einmal eindeutig klären, an wen genau die Flächen verkauft worden sind. Der Öffentlichkeit war indes vorgespiegelt worden, dass die Projektentwicklungsgesellschaft TG Potsdam des Hannoveraner Anwaltes Ingolf Böx dies im Auftrag der dänischen Thylander-Gruppe getan habe – doch dies bestreitet deren Geschäftsleitung.
Nun ist die Frage, ob durch den einseitig erklärten Austritt der Stadt aus dem Projekt nicht das ganze Geschäft gegenstandslos geworden ist. Das inzwischen von LINKE-Politiker Helmuth Markov geführte Finanzministerium ließ dazu wissen, es habe keine Einwände gegen die Entscheidung der Stadt erhoben, weil diese selbst entscheiden könne. Jetzt werde geprüft, welche Konsequenzen dem Land entstehen könnten. Offenbar ist das Ziel, den Kaufvorgang, in dem auch die einst landeseigene und inzwischen privatisierte Brandenburgische Bodengesellschaft einbezogen war, gänzlich der Rückabwicklung zuzuführen.
Konkret hat sich die Stadt Potsdam mit ihrem überraschenden Schritt von einer Rahmenvereinbarung verabschiedet, in der Zusagen zum Planungs- und Genehmigungsprozess unter der Voraussetzung gegeben worden sein sollen, dass auf die Kommune keine weiteren finanziellen Belastungen zukommen. Nach erklärterweise »umfangreicher rechtlicher Prüfung« habe sich nun herausgestellt, dass die Vereinbarung unwirksam sei. Schon zuvor war die Befürchtung laut geworden, dass die Investoren die Filetstücke gewinnbringend vermarkten und die öffentliche Hand letztlich auf den verseuchten und unattraktiven Teilen des Geländes sitzen bleibt.
Dagegen hält die Projektentwicklungsgellschaft TG Potsdam zumindest nach außen hin weiter an den Plänen fest. »Wir erfüllen alle Verträge. Wir wollen das Gesamtgelände entwickeln«, erklärte die Projektleiterin Petra Reinholz gegenüber einer örtlichen Zeitung. Die Pläne sahen vor, 1600 Wohnungen auf dem Gelände zu errichten.
Ohne Baugenehmigung von der Stadt wäre das allerdings nicht möglich. Im Zuge der öffentlichen Debatte über den Verkauf des ehemaligen Krampnitz-Kasernengeländes kam es zu einer Reihe von Vorwürfen – im September 2010 führte sie zum Rücktritt des Innenministers Rainer Speer (SPD). Rainer Speer war zur Zeit des Verkaufs Finanzminister und damit politisch verantwortlich. Auch die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt. Im Raum steht der Verdacht, dass dem Verkauf ein Gutachten zugrunde gelegen habe, wonach eine Nutzung des Areals als Sportanlage vorgesehen war. Eine Wohnbebauung hätte die Preise radikal erhöhen müssen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!