Zwangsurlaub in Bundesbehörde

Drohende Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung wirft ihren Schatten voraus

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Ausgabenkürzungen, Zwangsferien für Staatsangestellte, ein Verlust des politischen und wirtschaftlichen Prestiges des Landes, höhere Zinsen wegen schlechteren Ratings – die Folgen einer Zahlungsunfähigkeit der USA dürften schmerzhaft sein. Niemand weiß derzeit, wie sie angesichts des politischen Streits in Washington zu verhindern ist.

Barack Obama malt den Teufel an die Wand. »Wir riskieren, eine tiefe Wirtschaftskrise auszulösen«, sagte der US-Präsident in seiner jüngsten Fernsehansprache am Montag. Mit der Warnung wollte er Bewegung in die festgefahrenen politischen Gespräche über eine Anhebung der Obergrenze für US-Schulden bringen. Ansonsten wären die USA in den nächsten Tagen erstmals in ihrer Geschichte zahlungsunfähig.

Finanzminister Tim Geithner bereitet sich inzwischen auf den Notfall vor. Die US-Regierung müsste sofort sämtliche Ausgaben kürzen. Was das heißt, sagt sein Präsident: »Wir würden nicht genug Geld haben, alle unsere Rechnungen zu zahlen. Zu diesen Rechnungen gehören Sozialhilfeschecks, Zahlungen an Militärveteranen und Rechnungen für staatliche Aufträge an tausende Unternehmen«, so Obama.

Die erste Behörde bekommt das bereits zu spüren: Die Luftfahrtaufsichtsbehörde FAA muss 4000 ihrer Mitarbeiter in den Zwangsurlaub schicken. Denn der Kongress hat ihr Budget von 16,5 Milliarden Dollar nicht verlängert – ein Kollateralschaden des großen Schuldenstreits. Nur diejenigen Mitarbeiter, die wie die Fluglotsen unmittelbar für die Sicherheit zuständig sind, dürfen weiterarbeiten.

Das »Policy Center«, eine unabhängige Denkfabrik in Washington, hat in einem Bericht dargestellt, welche weiteren Folgen die Zahlungsunfähigkeit hätte. Danach könnte die Regierung für einige Ausgabenbereiche auf bestehende Fonds zurückgreifen. So sei zumindest genug Geld vorhanden, um die von der Bundesregierung finanzierte Krankenversicherung zu bezahlen. Auch das Geld für Arbeitslose und für Lieferanten des Pentagons dürfte noch für mehrere Monate reichen. Dagegen müssten etwa die Lohnzahlungen an Soldaten und die Lebensmittelhilfe für die Ärmsten gestrichen werden – sie werden aus dem allgemeinen Haushalt bezahlt. Die US-Bundesregierung könnte zudem einen Teil der Zahlungen radikal kürzen, um Mittel für andere zu haben. Aber dies würde eine Reihe juristischer und technischer Probleme aufwerfen.

Obama hat bereits ausgeschlossen, dass er die Obergrenze einfach ignorieren und die Aufnahme neuer Schulden anordnen würde. Der Präsident könnte sich auf eine Verfassungsbestimmung berufen, die sich in dieser Weise deuten ließe. Aber eine andere Bestimmung spricht ihm das Recht ab, Schulden aufzunehmen, wenn sie nicht vom Kongress gedeckt sind.

Nicht nur die direkten Empfänger von Bundesgeldern wären betroffen. Falls die Ratingagenturen die Bewertung der US-Regierung abwerten – derzeit erhält sie mit AAA die Bestnote –, hätte dies indirekte Folgen für viele Amerikaner. Denn viele Verbraucherkredite sind an die Zinsen für US-Staatsanleihen gebunden. Moody’s und Standard & Poor’s, die beiden größten Ratingagenturen, haben bereits Fragezeichen hinter die bisherige Top-Bewertung der US-Staatspapiere gesetzt.

Was das bedeutet, haben die USA bereits einmal durchspielen müssen: Im Jahr 1979 verhinderte ein technischer Fehler die Zahlungen auf US-Schulden. Sofort stiegen die Zinsen auf die Staatsanleihen um 0,6 Prozent.

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