Schöne Strenge – die Galerie Leo.Coppi

Wechselausstellungen im zwanzigsten Jubiläumsjahr

  • Anita Wünschmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Räume in der Auguststraße sind hell und edel. Stammpublikum, Sammler und Spaziergänger schauen gern herein. Ein Treffpunkt für Kunstfreunde. Selten geht es in der Galerie Leo. Coppi laut zu. Die hier gezeigte Bildende Kunst – Malerei, Grafik, Bildhauerei – ist selbst da, wo sie expressiv ist, in schöner Weise still. Die Pracht der Farben entfaltet sich häufiger gezügelt denn angefeuert.

Hier entdeckt man die Farbräume des Berliner Wolfgang Leber oder von Manfred Böttcher, dann wieder die flirrenden Paradiese Reinhard Stangls, die Collagen von Nehmzow oder poetischen Malereien von Hans Laabs, die weißen schweren Leiber, die Werner Stötzer aus Steinen gehauen hat oder die filigraneren metaphorischen Bronzen Michael Jastrams. Die in Alltagssituationen gemalten Frauen von Ulrike Hahn etwa neben den bizarren Schönheiten Angela Hampels. Mit dem Bildprogramm von über 60 Künstlern feiert die Galerie ihr zwanzigstes Jubiläum. Sie gehört zur festen Instanz im vielstimmigen Berliner Galerienreigen und bespielt erfolgreich ein auf moderne Klassik orientiertes Segment des Kunstmarktes.

Vor wenigen Tagen eröffnete die jüngste Schau mit Plastik von Michael Schoenholz, Malerei von Leber und – erstmalig – Fotografie von Ulrich Wüst. Alle Arbeiten verbindet der Bezug zum Gebauten, zur Architektur in einem weiteren Sinne. Der Berliner Maler Leber schichtet in Blautönen mit etwas Rot und einem sparsamen Grün, mal Gelb seine Räume, Stillleben, Interieurs, bindet sie in Schwarz ein oder lässt ein gedämpftes Orange aufleuchten. Ulrich Wüst, dessen Städtebilder – Magdeburg, seine Geburtsstadt, und Berlin – zum Generationsgedächtnis gehören, überrascht hier mit Vintage – Abzügen von unscharfen, fast träumerisch wirkenden Fotografien, die er »Zeitschatten« nennt: Ein kurviger Weg in der Uckermark, zwei Strohballen auf einem Hügel, Häuserzeilen in Magdeburg, alles wie aus ferner Zeit. Eine vage Erinnerung, verschattet, dunkel, und weichgezeichnet, wie es sich im Gegensatz zu den technisch herstellbaren, überscharfen Bildern  als eine parallele Strategie zeitgenössischer Fotografie durchgesetzt hat.  Das Unscharfe – so sagt Ulrich Wüst, der sonst Bilder mit analytischer Genauigkeit fotografiert – lasse dem Betrachter mehr Assoziationsspielraum. Der Bildhauer Schoenholz baut aus Muschelkalk oder Marmor offene und geschlossene Raumgebilde. Etwa einen »Durchblick«. Stützseiten, Querbalken –  einfach wie eine vorantike Komposition – Mykene vielleicht. Es ist eine kleinere Skulptur mit einer stillen und ungemein positiven Wirkung.

Anlässlich des zwanzigsten Jubiläums der Galerie, die 1991 in der Wallstraße mit Malerei von Harald Metzkes und Skulpturen von Werner Stötzer eröffnete, werden in diesem Jahr verschiedene thematische Ausstellungen gezeigt. Mit den turbulenten Zirkusbildern, dem Straucheln der clownesken Tänzer, dem berühmten »Weißen Pferd«, das Harald Metzkes in einer anderen Fassung schon 1968 gemalt hatte, wurde das Jubiläumsjahr begonnen. Die zweite Ausstellung war dem kurz vor seinem achtzigsten Geburtstag verstorbenen Werner Stötzer gewidmet. Der Berliner Bildhauer gehört ebenso wie Metzkes, wie Vent, Leber als »Klassiker« der Berliner Schule zum Galerieprogramm. Helle Coppi, die vor ihrer Selbständigkeit bereits Erfahrung im Kunsthandel der DDR erwerben konnten und Doris Leo haben sich auf handwerklich hochwertige, figurative Kunst spezialisiert. Neben den Berlinern gehören Dresdner Künstler, sowie eine Mischung aus Ost und West, älteren und jüngeren Jahrgängen, sowie Nachlassbetreuungen – Heinrich Zille z. B. oder Arno Mohr – um Programm, das seit zwanzig Jahren mit Ausstellungen  zunächst in der Wallstraße, dann  in der Berliner Aufbruchzeit in den Hackeschen Höfen und seit 2006 in der Auguststraße in Mitte  sowie mit Messebeteiligungen vorgestellt wird.

Bis 27. August, Galerie Leo. Coppi, Auguststr. 83., Di.-Sa. 12-18 Uhr.

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