Kronprinz Frederik abgehört
Dänische Zeitung wollte 1935 schneller sein als die Konkurrenten
Besucher bekommen gewöhnlich ein Bild der gemütlichen Dänen, die Fahrrad fahren, Bier trinken oder Eis essen und die Dannebrog-Fahne bei jeder Gelegenheit hissen. Unter dieser Oberfläche aber lauern dunkle Kräfte, zumindest in der Zeitungsbranche. Der Skandal um die »News of the World« brachte es wieder an den Tag: Kronprinz Frederik wurde abgehört. Und das wieder, weil der Journalist nichts tat, um seine Arbeitsmethode und fehlende Ethik zu verschleiern. Im Gegenteil, er prahlte damit im Artikel. Trotzdem wird der Vorgang weder für ihn noch für Chefredakteur Bo Lidegaard Konsequenzen haben, denn die Geschehnisse betreffen nicht Kronprinz Frederik, verheiratet mit Mary und Vater von vier Kindern, sondern seinen Großvater gleichen Namens, der 1972 als Frederik IX.verstarb.
Die Geschichte spielte sich 1935 ab. Die Gerüchte schwirrten um den damaligen Kronprinz Frederik. Dänemarks Könige heißen seit Generationen abwechselnd Frederik oder Christian. Es hieß, dass dieser Frederik sich bald mit Prinzessin Ingrid von Schweden verloben würde. Die konservative und royalistische Zeitung Berlingske Tidende berichtete darüber bereits im Januar und musste einen royalen Rüffel einkassieren. Aber auch damals galt für Journalisten, die ersten zu sein mit der Sensation. Der ärgste Konkurrent, die liberale »Politiken«, wollte besser und schneller sein und der Zweck heiligte die Mittel.
In seiner groß aufgesetzten Reportage schrieb der Journalist, dass Prinzessin Ingrid auf der streng geheimen Nummer des Kronprinzen anrief, um ein Treffen mit ihm in Stockholm zu vereinbaren. In den Zeiten vor Selbstwahl, Internettelefonie und Handys heißt das, dass das Gespräch per Hand verbunden wurde. Und die Kenner alter Telefontechnik werden noch wissen, dass die Techniker sich ohne weiteres einstöpseln konnten in jede Leitung, um die Qualität der Leitung zu kontrollieren. Und was die Techniker konnten, war den Vermittlungsdamen auch möglich. Die Verbindung zwischen dem Journalisten und – vermutlich – einer Telefondame als Quelle verschwindet im Dunkel der Pressegeschichte.
Es war ein Professor in Presseethik, der die heutige Journalistengeneration auf die Tricks ihrer Vorgänger aufmerksam machte. So war es dann ein leichtes, in den originalen Zeitungen nachzublättern um bestätigt zu bekommen, dass im Murdoch-Imperium Methoden von Vorgestern benutzt werden. Der ethische Anspruch an die Journalisten ist heute jedoch wesentlich höher und ein offenes Geständnis im Artikel, ein Telefon abgelauscht zu haben, wäre karrieremäßiger Selbstmord.
Weder Kronprinz Frederik, der bei seiner Thronbesteigung die Nummer X tragen wird, noch das übrige Königshaus äußerten sich zur Affäre.
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