Reisbauern warten auf Kanäle

Mangelhafte Bewässerungssysteme beeinträchtigen die Ernte in Kambodscha

  • Robert Luchs, Phnom Penh
  • Lesedauer: 3 Min.
Hun Sen, Ministerpräsident von Kambodscha, hat große Ziele: Er will den Reisexport massiv steigern. Zweifel am Gelingen sind jedoch angebracht.
Begehrte Ware: Reisverkäuferinnen in Phnom Penh
Begehrte Ware: Reisverkäuferinnen in Phnom Penh

So genannte starke Männer in der Politik sind dafür bekannt, dass sie sich hohe Ziele setzen. Auch wenn diese nicht immer realistisch sind, so schindet das Eindruck beim Volk und festigt das Selbstwertgefühl. Hun Sen, Ministerpräsident von Kambodscha, macht da keine Ausnahme mit seiner vollmundigen Ankündigung, seine Regierung werde den Reisexport wieder ankurbeln – bis auf eine Million Tonnen im Jahr 2015.

Hun Sen ist über ein Vierteljahrhundert an der Macht und sieht sich in dieser Zeit im politischen Wettstreit mit den Nachbarstaaten Vietnam und Thailand, mit dem sich Kambodscha immer wieder Grenzgefechte liefert.

Vor allem mit Vietnam wetteifert Hun Sen beim Anbau und Export des wichtigsten asiatischen Nahrungsmittels. Vietnam, neben Thailand zweitgrößter Reis-Exporteur der Welt, führt im Jahr zwischen 1,6 und 1,8 Millionen Tonnen Reis aus.

Von Kambodscha aus wurden in 2009 gerade einmal 14 000 Tonnen Reis ins Ausland abgesetzt – allerdings »explodierten« seinerzeit die Preise für Nahrungsmittel weltweit, so dass die Regierung in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh die wertvolle Ware vorsorg- lich eingelagert hatte. Die Preise sind seitdem nicht mehr im gleichen Tempo gestiegen, dennoch ist Reis für kambodschanische Familien kaum mehr erschwinglich. Ein Kilogramm Reis kostet zur Zeit etwa 35 US-Dollar – eine Summe, die eine fünf- bis sechs- köpfige Familie nur unter größten Schwierigkeiten aufbringen kann. Die Regierung in dem südostasiatischen Land scheint nun erkannt zu haben, dass sie ihre Anstrengungen vervielfachen muss – zumal es Kambodscha nicht gelingt, seine Geburtenrate wesentlich zu senken. Diese lag in 2009 bei 2,9 Prozent. Kambodscha hat noch ein anderes Problem: Nach jüngsten Statistiken sind nur 4,2 Prozent aller Reisbauern in der Lage, eine zweite Ernte im Jahr einzufahren. Ganz im Gegensatz zu Vietnam, wo zwei, in manchen besonders begünstigten Gebieten sogar drei Reis-Ernten möglich sind. Da nützt es wenig, dass sich Kambodscha rühmen kann, einen qualitativ besonders guten Reis zu ernten. Kambodscha aber hat noch mit einem anderen Probem zu kämpfen: Dem in weiten Teilen des Landes unzureichendem Bewässerungs- system. Sind während der Regenzeit unüber- sehbare Flächen mit Wasser bedeckt, sitzen die Reisbauern wenige Monate später buch- stäblich auf dem Trockenen. Das für Wasser- angelegenheiten zuständige Ministerium in Phnom Penh hat nun festgestellt, dass auf einem Drittel aller Reisfelder Bewässe- rungssysteme installiert sind. Dies ist zum größten Teil Geberländern wie China und Südkorea zu verdanken. Aber aller Erfolgsmeldungen über neue Pump- stationen zum Trotz – 14 Bewässerungs- projekte im Wert von 470 Millionen Dollar sollen zur Zeit im Bau oder in der Planung sein - , es will einfach nicht klappen mit der ausreichenden Befeuchtung der Felder. Warum dies so ist, hat kürzlich der Agrarexperte Kim Sophanna auf einem Seminar erläutert: Die Großprojekte seien war zu begrüßen, doch seien sie nur zu 40 Prozent mit den Reisfeldern vor Ort ver- bunden. Der Rest der teuren Anlage sei weitgehend nutzlos, weil es an zigtausenden von kleineren Kanälen fehle, die das Wasser zu den Feldern bringen. Ein Netzwerk mit erheblichen Lücken also, und das Ergebnis einer Politik, die sich großer Projekte in einem der ärmsten Länder der Welt rühmt, ohne sich rechtzeitig mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut gemacht zu haben. Vom mangelnden Know-how der Farmer in den weit entfernten Provinzen ganz zu schweigen. Das ist umso unverständ- licher, als ähnliche Fehlentwicklungen in vielen anderen Entwicklungsländern zu besichtigen sind.

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