Noch keine Ruhe über dem Müggelsee
13 000 Unterschriften gegen geplante Flugrouten / Wowereit will Alternativen prüfen lassen
Der Großflughafen in Schönefeld ist zwar noch nicht in Betrieb, aber Lärm gibt es schon jede Menge. Die Bürger rund um den Müggelsee im Osten Berlins wollen sich mit den geplanten Flugrouten nicht einfach abfinden. In ihrem Namen übergab die Friedrichshagener Bürgerinitiative (FBI) dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Dienstagabend 13 000 Unterschriften. Mit fünf Montagsdemonstrationen in Folge machte die Initiative bereits in den letzten Wochen lautstark auf sich aufmerksam. Wowereit empfing die Vertreter der FBI bei seiner »Politischen Dampferfahrt« auf dem Müggelsee.
Die Anwohner fürchten nicht nur den anstehenden Lärm, sondern auch die Beeinträchtigung der Natur durch die erhöhte Kerosinbelastung, so die Initiative. Mit ihrem Protest wollen sie erreichen, dass »keine Flugroute über den Müggelsee führt, der Flughafen nicht zum internationalen Drehkreuz wird und es ein strenges Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr gibt«, sagte Sigrid Strachwitz, die Vorsitzende des Bürgervereins Friedrichshagen.
Wowereit diskutierte rund 20 Minuten mit den Vertretern der FBI und sprach sich anschließend für eine nochmalige Überprüfung der Flugrouten aus. Es solle geprüft werden, ob es nicht doch eine Alternative gebe, bei der weniger Menschen betroffen sind, versicherte der amtierende Bürgermeister. Er werde deswegen einen Brief an Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung senden. Außerdem werde er sich um ein persönliches Gespräch mit Ramsauer bemühen.
Nach dem Vorschlag der Flugsicherung von Anfang Juli werden die Jets bei Ostwind nach dem Start von der Nordbahn Kurs auf Erkner oder über den Müggelsee nach Fredersdorf-Vogelsdorf nehmen. Bei Ostwind sollen demnach etwa 120 startende Flugzeuge täglich das Naherholungsgebiet in einer Mindesthöhe von 1150 Metern überfliegen.
Das geht auch anders, ist sich die Bürgerinitiative sicher. Zusammen mit Experten habe sie bereits eine Alternative erarbeitet, die sie am Dienstag mit Wowereit diskutierten. Demnach sind andere Abflugrouten im Osten möglich, die weniger Anwohner belasten würden. Für den Westen der Stadt einigte man sich nach lang anhaltenden Protesten auf einen Kompromiss, der die Bewohner vor Lärm schützen soll. Das gleiche erhoffen sich jetzt die Bürger rund um den Müggelsee. »Herr Wowereit war offensichtlich interessiert an unserer Position und bereit uns zuzuhören«, sagte Tobias Apelt von FBI.
Die Initiative konnte Wowereit dennoch nicht in allen Punkten überzeugen. Der Bürgermeister machte deutlich, dass ihm als Aufsichtsratsvorsitzendem des Flughafens das Wachstum und die damit entstehenden Arbeitsplätze nach wie vor wichtig sind. Es könnte ihm zu folge bereits 2015 über Anbauten für den Flughafen nachgedacht werden. Apelt befürchtet für diesen Fall negative Einflüsse auf die Entwicklung der Region.
Eine neue Gesprächsrunde zwischen Wowereit und den Vertretern der Friedrichhagener Bürgerinitiative ist bereits angesetzt. Am nächsten Mittwoch soll im Roten Rathaus weiter diskutiert werden. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung sei ebenfalls für neue Vorschläge offen, hieß es am Mittwoch. »Wir haben mit der Prüfung gerade erst begonnen«, sagte die Sprecherin der Behörde, Kerstin Weber. Anfang 2012 werden dann die Routen festgelegt.
mit dpa
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