Mit einer Kamera allein gelassen
»Persönliche« Anhörungen von Flüchtlingen ohne persönliche Gegenüber
Die Bundesregierung hat damit begonnen, Asylbewerber nicht mehr in jedem Fall persönlich nach ihrem Fluchtschicksal zu befragen, sondern vor einer Kamera aussagen zu lassen. Das verstößt gegen elementare Grundlagen eines fairen Verfahrens, befürchten Kritiker.
Flüchtlinge müssen im Asylverfahren nachweisen, dass sie Opfer von Verfolgung sind. Ein wichtiger Augenblick in diesem Verfahren ist der der Anhörung. Asylbewerber müssen in diesem für das Ergebnis entscheidenden Moment »glaubhaft und ohne Widersprüche schildern, warum sie fliehen mussten. Das ist gar nicht so einfach. Wer nervös ist, kann Daten oder Orte verwechseln. Menschen, die durch ein schlimmes Erlebnis traumatisiert sind, haben oft Schwierigkeiten, sich an alles richtig zu erinnern. Manche schämen sich, über Demütigungen oder sexuellen Missbrauch zu berichten.« So ist es in den Handreichungen der Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl beschrieben.
Um ein Vielfaches schwieriger dürfte es für Menschen werden, denen keine Person gegenübersitzt, die ihr Schicksal stattdessen in eine Kamera sprechen müssen. Eine solche Praxis aber beginnt offenbar mancherorts zur behördlichen Gewohnheit zu werden. Asylbewerber würden »einem kalten...
Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.