Universität prüft Stasi-Kontakte von Sprecherin

Birgit Mangelsdorf und MOZ-Chefredakteur Frank Mangelsdorf lebten in einer konspirativen Wohnung

  • Lesedauer: 2 Min.

Potsdam (dpa). Die Universität Potsdam lässt eine interne Kommission Stasi-Kontakte ihrer Sprecherin Birgit Mangelsdorf prüfen. »Dies soll so schnell wie möglich, aber auch so gründlich wie nötig erfolgen«, sagte ein Sprecher am Montag. Die Hochschule habe Akteneinsicht bei der Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin beantragt.

Zuvor hatte die »Bild«-Zeitung gemeldet, dass die Sprecherin von 1984 bis 1987 in einer Wohnung gelebt habe, die vom DDR-Ministerium für Staatssicherheit als konspirativer Treffpunkt genutzt wurde.

Ihr Mann Frank Mangelsdorf, Chefredakteur der »Märkischen Oderzeitung« (MOZ), hat bestätigt, dass er nach der Heirat von 1985 bis 1987 ebenfalls in der Wohnung gelebt hat. Er verwies darauf, dass die Stasi eine Notlage ausgenutzt habe. Seine Frau lebte demnach Mitte der 1980er Jahre mit der einjährigen Tochter in einer kalten und feuchten Wohnung. Da das Baby Bronchitis gehabt habe, sei die Mutter 1984 auf ein Angebot eines Kontaktmanns eingegangen, der eine bessere Wohnung mit Kohleheizung vermittelte. Die Stasi habe verlangt, dass ein Zimmer davon als konspirative Wohnung genutzt werden dürfe. Als auch er 1985 dort einzog, habe er unterschrieben, dass er darüber Stillschweigen bewahre. »Es gab zu keiner Zeit von mir oder meiner Frau irgendeinen Bericht für die Stasi«, sagte Frank Mangelsdorf.

Birgit Mangelsdorf ist seit August 2009 an der Universität Potsdam beschäftigt und befindet sich derzeit im Urlaub. Die Bewertung ihres Falles soll nach den Kriterien erfolgen, die auch in früheren Stasi-Fällen Grundlage waren, erläuterte die Hochschule. So sei es von Bedeutung, ob die Sprecherin jemandem geschadet habe und ob es eine Verpflichtungserklärung gebe. »Trotzdem wird der Einzelfall zu berücksichtigen sein«, hieß es.

Als Birgit Mangelsdorf, eine frühere Rundfunkredakteurin, an die Universität kam, gab es keine Regelanfragen mehr bei der Stasi-Unterlagenbehörde. Seit Januar 2007 sind diese im öffentlichen Dienst dem Arbeitgeber nur noch für Leitungsfunktionen möglich. Nach Angaben der Universität wurde Mangelsdorf nach bisherigem Kenntnisstand auch nicht nach Stasi-Kontakten befragt. Sie sei deshalb nicht verpflichtet gewesen, diesen Punkt ihrer Biografie von sich aus zu erwähnen.

Das Wissenschaftsministerium wollte den Fall zunächst nicht kommentieren. »Das ist ein universitätsinterner Vorgang«, sagte ein Sprecher. »Wir warten das Ergebnis der Kommission ab.« Laut Kulturministerium wurden bis 2007 alle Beschäftigten der Hochschulen auf Stasi-Tätigkeit überprüft.

Wissenschaftsministerin Sabine Kunst hatte Anfang August auf eine Kleine Anfrage der CDU-Fraktion geantwortet, dass an der Potsdamer Universität heute noch neun ehemalige Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit beschäftigt sind.

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