Der Knopf ist ihre Waffe
BVG startet gemeinsam mit Polizei und Senat Kampagne für mehr Zivilcourage im Nahverkehr
Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Polizei und Senat starteten gestern eine neue Kampagne für mehr Sicherheit im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Aktion mit dem Titel »Deine Waffe gegen Gewalt« ist Teil des Maßnahmenpaketes »Sicherheit im ÖPNV«, das bereits im Mai vorgestellt wurde. Eine erste sichtbare Folge sind die in 100 Bahnhöfen der U-Bahn aufgehängten Plakate der Kampagne. Ergänzt wird diese durch entsprechende Infoflugblätter. Außerdem werden die 549 Notrufsäulen auf den Bahnsteigen umgerüstet und mit einfach zu verstehenden Piktogrammen versehen. Ab sofort wird zudem die Polizei rund um die Uhr in der Sicherheitsleitstelle der BVG vertreten sein, um Notrufe schnell weiterleiten zu können.
Die 500 000 Euro teure Kampagne soll vor allem sensibilisieren und eine Kultur der Anerkennung für private Hilfeleistungen fördern, hieß es bei der Vorstellung am Dienstag im U-Bahnhof Alexanderplatz. Neben der Vorstandsvorsitzenden der BVG, Sigrid Nikutta, war auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) anwesend.
Auslöser für die aktuellen Maßnahmen war eine Serie von Gewalttaten in der Berliner U-Bahn. Am 11. Februar dieses Jahres attackierten Jugendliche im Bahnhof Lichtenberg zwei Männer so heftig, dass einer von ihnen für mehrere Wochen ins Koma fiel. Der Angriff war Auftakt einer kontroversen Debatte mit unangenehmer Beteiligung, so sprangen rechtspopulistische und neonazistische Kräfte auf und versuchten, den Angriff für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
BVG und Senat reagierten auf den öffentlichen Druck mit der Ankündigung von zusätzlichen Maßnahmen zur Sicherheit in der U-Bahn. Neben vermehrter Videoüberwachung und einer verstärkten Präsenz von privaten Sicherheitsdiensten sind seit Anfang Mai wieder verstärkt Polizeibeamte im Nahverkehr unterwegs. Ersten Einschätzungen zu Folge ist seit Beginn der verstärkten Polizeieinsätze in Bahnhöfen und Bahnen allerdings kein Rückgang der Gewalttaten zu beobachten. Generell geht die Zahl der Straftaten im öffentlichen Nahverkehr von der Tendenz jedoch zurück. »Der ÖPNV ist das sicherste Verkehrsmittel der Stadt«, erklärt Nikutta. Die vorliegenden ersten Zahlen ließen auf Grund der kurzen Dauer keine Rückschlüsse auf den Erfolg der Maßnahmen zu.
Ein Problem sei jedoch weiterhin, dass Fahrgäste bei Gewalt zu häufig wegschauen würden. Ziel der neuen Kampagne sei es deshalb, zu zeigen, »wie jeder Einzelne ganz einfach helfen kann, ohne sich selber in Gefahr zu bringen«, sagt die BVG-Chefin. Auch eine Expertin des Landeskriminalamtes warnte am Dienstag davor, Kontakt zu den Tätern aufzunehmen, diese wären »unkalkulierbar«. Es komme darauf an, andere Fahrgäste anzusprechen und eine Öffentlichkeit herzustellen, die den Täter verunsichert. Im Zweifel reiche es aus, die Notrufsäule zu betätigen, lautet die Botschaft der Kampagne. Bis die Polizei eintrifft, kann es indes etwas länger dauern, dieses hängt von der Entfernung zur nächsten Polizeistation ab, erläutert Körting. »Es gibt keine absolute Sicherheit«, so der Innensenator.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.