Bröckelnde RWE-Gewinne
Der Energieriese steht vor großen Umbrüchen
Der Nettogewinn des RWE-Konzerns sank im ersten Halbjahr auf rund 1,7 Milliarden Euro und damit um 39 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Für das zweite Quartal musste RWE demgemäß gar einen Verlust von 229 Millionen Euro verbuchen, teilte das Unternehmen gestern mit.
Für das schlechte Ergebnis machte der im Juli 2012 aus dem Amt scheidende Vorstandschef Jürgen Großmann neben ungünstigen Gaslieferverträgen und niedrigeren Stromerlösen vor allem den beschleunigten Atomausstieg verantwortlich: »Die Beschlüsse zur Kernenergie führen zu erheblichen Ergebnisbelastungen«, laut Großmann 900 Millionen Euro allein im Berichtszeitraum.
RWE müsse Rückstellungen bilden für die Stilllegung von AKW, führte Großmann aus. Die Abschaltung zweier Altmeiler bedeute zudem einen erheblichen Einnahmeverlust.
Abgeschriebene AKW werfen täglich einen Gewinn von einer bis eineinhalb Millionen Euro ab. Der Konzern will nun Eigenaktien verkaufen und setzt auf eine Kapitalerhöhung, um an 2,5 Milliarden Euro frisches Kapital zu gelangen. Zudem sollen Beteiligungen in einer Größenordnung von elf Milliarden Euro abgestoßen werden.
Am Montag war bekannt geworden, dass der Niederländer Peter Terium ab Juli 2012 die Geschicke der RWE lenken wird. Laut einem Bericht der »WAZ« war der »Kür des Kronprinzen« eine »Nacht der langen Messer« vorausgegangen. Daran beteiligt waren dem Bericht zufolge lediglich »die zehn Aufsichtsratsvertreter, die für die Kapitaleigentümer stehen«.
Auf ND-Nachfrage hieß es allerdings gestern in der Berliner Zentrale der Gewerkschaft ver.di: »Die Arbeitnehmervertreter haben die Personalentscheidung einvernehmlich mitgetragen.« Auch Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau, einer der vier kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat, betonte, er habe die letztlich erzielte Lösung – wenn auch ohne Begeisterung – mitgetragen. Nun müssten Vorstand und Belegschaft an einem Strang ziehen.
Terium war erst vor wenigen Tagen als Kandidat genannt worden. Er galt vor allem als Favorit von Aufsichtsratschef Manfred Schneider, dessen Rücktritt für den Fall erwartet wurde, dass er mit seinem Personalvorschlag scheitern würde. Terium steht für eine noch stärkere Internationalisierung der Geschäftspolitik, die zu Lasten der Kommunen gehen könnte. Die vier Vertreter der kommunalen Eigentümer und Teile der Belegschaften hatten den künftigen Konzern-Vize Rolf Martin Schmitz favorisiert. »Zähneknirschend« (WAZ) sollen die kommunalen Vertreter eingelenkt haben, um größeren Schaden von RWE abzuwenden. Gemeinsam verfügen kommunale und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat über eine Mehrheit von 13 zu 7 Stimmen.
Leer ging bei dem Deal der RWE-Strategiechef Leonard Birnbaum aus, der lange Zeit neben Schmitz als Favorit für die Nachfolge Großmanns gegolten hatte. Stärker noch als der lachende Dritte Terium verfügt Birnbaum über die auch Terium nachgesagten Stärken wie Internationalität und Kompetenz im Bereich erneuerbare Energien.
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