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Ein Schloss und seine Besucher
Nach Hinweisen des Zeichners Kurt Szafranski arbeitete der junge Autor Kurt Tucholsky das Manuskript von »Rheinsberg. Ein Bilderbuch für Verliebte« um. Ironisch beschrieb er das so: »Der Dicke sagte, einen solchen Bockmist hätte er wohl alle seine Lebetage noch nicht vernommen, aber wenn ich es ein bisschen umarbeite, und wenn er es illustrierte, dann würde es schon gehen. Ich arbeitete um, ließ die hübschen Stellen weg, walzte die mäßigen etwas aus...« Das Buch erlebte einen ganz hervorragenden Absatz und gehört zu den erfolgreichsten Arbeiten des Schriftstellers. Die ersten Exemplare verkauften Tucholsky und Szafranski 1912 an einer Bücherbar auf dem Kurfürstendamm in Charlottenburg. Wer ein Buch erwarb, bekam einen Schnaps gratis.
Die Sache – als Ulk gedacht – sei finanziell ein Zuschussgeschäft gewesen, habe aber Aufsehen erregt, berichtet Rolf Schneider in seinem Buch über Rheinsberg und seine Bewohner und Besucher. Tucholsky gehörte zu den Besuchern, seine literarischen Figuren Claire und Wolfgang auch.
Gelebt haben in dem Schloss König Friedrich II., als er noch ein Prinz war, und sein Bruder Heinrich, der immer Prinz blieb. Friedrich verbrachte in dem Gemäuer vier Jahre, die er rückblickend als seine glücklichsten bezeichnete, bei Heinrich waren es mehr als 40 Jahre. Die Brüder ähnelten sich, was ihr Aussehen, ihre homosexuellen Neigungen, die schlechte Behandlung ihrer Ehefrauen und ihre Vorliebe für die Kunst betraf, und hatten gleichwohl ein schwieriges Verhältnis. Für die empfangenen Kränkungen rächte sich Heinrich, indem er unter dem Pseudonym Marechal Gessler die Außenpolitik und die militärischen Leistungen Friedrichs »einer scharfen Kritik unterzog«, erinnert Rolf Schneider. Der König habe gewusst, wer sich hinter dem falschen Namen verbarg, »und er sollte es auch wissen«.
»In dem Maße wie Rheinsberg verwaiste, schwanden die Erinnerungen an den Prinzen Heinrich. Der von Chauvinismus befeuerte Kult, der im 19. Jahrhundert den König Friedrich ereilte, überschattete mehr und mehr die Existenz des Bruders.« Selbst Friedrichs Diener Fredersdorf und die königlichen Windspiele seien schließlich prominenter als Heinrich gewesen. Erst als mit dem Ausgang des Zweiten Weltkriegs das nationalistische Fridericus-Bild in Trümmer gefallen sei, geriet Heinrich wieder ins Blickfeld, sagt Schneider.
In seinem Buch schildert er die Geschichte von Schloss Rheinsberg meisterlich anhand von Biografien. Neben den Lebenswegen Friedrichs, Heinrichs und Tucholskys sind es die des Architekten Wenzeslaus von Knobelsdorff, der den Umbau plante, und des Komponisten Siegfried Matthus, der 1991 die Kammeroper Rheinsberg ins Leben rief. Schneider lenkt den Blick auch auf weniger bekannte Tatsachen. So werde bei Tucholsky gern und gnädig die Phase militaristischer Begeisterung zu Beginn des Ersten Weltkriegs vergessen. »Sie war nur kurz und entließ ihn als radikalen Pazifisten.«
Rolf Schneider: Rheinsberg. Eine preußische Legende«, be.bra verlag, 80 Seiten (geb.), 9,95 Euro
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