Kuba-Blockade auch in Europa?
Andreas Eberl über den Boykott durch den Online-Bezahldienst PayPal
ND: Der Online-Bezahldienst PayPal hat mehreren Händlern die Konten gesperrt, die in Deutschland und Österreich Waren aus Kuba vertreiben. Ist das rechtens?
Eberl: Nein. PayPal hat zwar in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel, nach der unter bestimmten Voraussetzungen die Konten gesperrt werden können. Dies kann insbesondere geschehen, wenn das Konto für illegale, verbotene oder unlautere Zwecke verwendet wird. Ob diese Klausel überhaupt wirksam ist, ist an sich schon fraglich. Unserer Ansicht nach berechtigt sie aber auch im Falle ihrer Wirksamkeit nicht zu einer Sperrung wegen des Verkaufs kubanischer Waren, da der Verkauf dieser Waren in Europa nicht verboten ist.
Ist Ihnen ein ähnlich gelagerter Fall bekannt, bei dem ausländische Embargobestimmungen in Deutschland durchgesetzt werden sollen?
Unsere Kanzlei hat langjährige Erfahrung im Marken- und Wettbewerbsrecht, aber so etwas ist uns bisher nicht bekannt.
Wie erklären Sie sich das Vorgehen von PayPal beziehungsweise dem US-amerikanischen Mutterkonzern eBay?
Man kann darüber nur spekulieren. Dies mag politischer Druck beim Mutterkonzern sein oder der Versuch des Mutterkonzerns oder eines nahen Unternehmens, wirtschaftlichen Vorteil daraus zu schlagen. Das sind aber reine Spekulationen. Auffällig hierbei ist jedoch, dass offensichtlich bisher nur kleinere Händler in Deutschland von der Sperrung betroffen sind. Bei namhaften großen Ketten bekommt man mit PayPal noch kubanischen Rum und Zigarren. Gleiches gilt nach unserer bisherigen Kenntnis auch für das benachbarte europäische Ausland.
Warum wird die Kuba-Blockade von PayPal Ihrer Meinung nach keinen Bestand haben?
Ein US-amerikanisches Handelsembargo kann für Europa nur auf Grund etwaiger Staatsverträge oder Gesetze verbindlich sein. Außerhalb solcher Vorschriften besteht eine generelle Freiheit des Marktes in den Grenzen der hiesigen Gesetze, wie etwa dem Markenrecht. Dies ist eines der Grundprinzipien der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Ein Marktführer ohne nennenswerte Konkurrenz wie PayPal darf diese Stellung nicht zur Durchsetzung von nach europäischer Ansicht unsachlichen Idealen, wie es der Boykott Kubas darstellt, missbrauchen. Für ein solches Vorgehen von PayPal fehlt schlechterdings jede gesetzliche und vertragliche Grundlage in Europa. Vertragspartner ist PayPal Europe. Den Verträgen liegt englisches Recht zugrunde. Hieran ist auch PayPal gebunden. Eine Verbindung zu US-amerikanischem Recht besteht daher nicht.
Wie geht es nun konkret weiter?
Zunächst ist im Zuge eines Musterprozesses eine einstweilige Entscheidung im Eilverfahren geplant. Eine solche Entscheidung hätte auch für weitere Fälle Pilotcharakter, bei denen Onlinehändlern ihre PayPal-Konten wegen des Vertriebs von Waren aus Kuba gesperrt wurden. Dafür haben wir ab Kenntnis des Vorfalls einen Monat Zeit. Immerhin stellt dieser Eingriff in die Abrechnungsmodalitäten eine Gefahr für die wirtschaftliche Existenz der betroffenen Unternehmen dar, weil sie einen Großteil ihres Umsatzes über PayPal abwickeln. Ob weitere Schritte danach nötig sind, hängt dann insbesondere von der gerichtlichen Entscheidung und vom weiteren Verhalten des Unternehmens PayPal ab. Wenn PayPal nach einer ersten gerichtlichen Entscheidung einlenkt, wäre das ein großer Erfolg. Andernfalls könnten weitere Prozesse folgen.
Fragen: Harald Neuber
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