Sehnsucht nach alter Härte
Felix Magath sucht noch Verstärkung in Wolfsburg und nimmt den FC Bayern zum Gradmesser
Eine typische Szene: Im DFB-Pokalspiel der Wolfsburger vor zwei Wochen gegen RB Leipzig wechselt VfL-Trainer Felix Magath nach einer halben Stunde Tuncay Sanli ein. Keine halbe Stunde später holt er den türkischen Offensivspieler wieder vom Feld. Der 58-Jährige ordnet alles dem Erfolg unter – wenn nötig greift er zur Höchststrafe, ohne Rücksicht auf persönliche Befindlichkeiten. Harte Gangart in einem harten Geschäft. Es scheint, als haben sie sich in Wolfsburg danach gesehnt.
Tuncay Sanli ist jetzt weg, er unterschrieb gestern beim englischen Erstligaklub Bolton Wanderers. Felix Magath ist wieder da – als Trainer und Manager. Gut zwei Jahre nach seinem Meisterstück mit dem VfL soll er den Erfolg an den Mittellandkanal zurückbringen. Der klare 3:0-Auftaktsieg beim 1. FC Köln war ein guter Anfang, mehr nicht. Magath orientiert sich an den Besten. »Meine Mannschaft soll nicht nur reagieren, wir wollen selbst agieren«, geht er selbstbewusst in das heutige Spiel gegen den FC Bayern. Am Anfang der Woche wurden die Ansprüche in Wolfsburg noch deutlicher formuliert. Nach der Partie gegen die Münchner wird beim VfL entschieden, in welchem Maße der Verein noch auf dem Transfermarkt investiert. Der Rekordmeister als Gradmesser!
Dafür baut Magath den VfL ein zweites Mal nach seinen Vorstellungen um. Den 23-jährigen Neuzugang Christian Träsch machte er gleich zum Kapitän. »Ich wollte ein Zeichen setzen, wir müssen nach vorn schauen«, begründete er die Entmachtung von Marcel Schäfer. Träsch kam für neun Millionen Euro aus Stuttgart. Neben dem Nationalspieler hat Magath bisher Hasan Salihamidzic (Juventus Turin), Patrick Ochs, Marco Russ (beide Eintracht Frankfurt) und den 21-jährigen polnischen Spielmacher Mateusz Klich verpflichtet. Srdjan Lakic ist ebenfalls neu beim VfL und hat in der vergangenen Saison 16 Tore für Kaiserslautern geschossen. Doch der Stürmer wurde noch vom Ex-Manager Dieter Hoeneß verpflichtet und scheint nicht in Magaths Konzept zu passen.
Jedenfalls sucht der starke Mann in Wolfsburg noch Verstärkungen für jeden Mannschaftsteil. Am Geld wird es wie üblich nicht scheitern. Allein in den vergangenen fünf Jahren wurden 162 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben. In der Bundesliga hat im gleichen Zeitraum nur der FC Bayern (223 Millionen) mehr investiert. Trotz dieser Dimensionen wäre der VfL in der vergangenen Saison fast abgestiegen. Umso dankbarer wird Sponsor VW jetzt flüssig machen, was Magath braucht – auch um das Image der Autobauer wieder aufzupolieren.
Ganz so abschreckend kann das Modell Magath auch für Spieler nicht sein. »Er verlangt eben viel, und das ist auch richtig so, denn wir sind Profis, und von uns muss man viel verlangen«, sagt Salihamidzic. Der 34-Jährige trainiert zum dritten Mal unter Magath, und das gern. Früher habe er kaum geredet und wenig gelacht. »Jetzt ist er ganz anders«, freut sich Salihamidzic auf die Saison. Wie fast alle in Wolfsburg.
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