Betriebe meisterten die Krise

Untersuchung: Zwischen 2008 und 2010 gab es sogar einen Beschäftigungszuwachs

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch Call Center hatten in der Krise gut zu tun.
Auch Call Center hatten in der Krise gut zu tun.

Jetzt hat es Berlin auch ganz offiziell: Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat in der Stadt zu keinem Beschäftigungseinbruch geführt. Im Gegenteil, zwischen 2008 und Mitte 2010 konnte ein Beschäftigungszuwachs von 74 000 Erwerbstätigen verzeichnet werden. Das ist das Ergebnis einer Arbeitgeberbefragung durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Arbeit. Für dieses »Betriebspanel« wurden insgesamt 882 Betriebe befragt.

Im Krisenjahr 2009 sei das Berliner Bruttoinlandsprodukt mit 0,7 Prozent im Vergleich zu anderen Bundesländern nur gering zurückgegangen, stellt das IAB fest. Der geringe Anteil des produzierenden Gewerbes und ein ausgeprägter Dienstleistungssektor hätten durch eine geringe Exportabhängigkeit zu Stabilität verholfen. Bereits im ersten Halbjahr 2010 erhöhte sich die Zahl der Betriebe wieder um 2,1 Prozent auf einen Höchstwert von 85 000.

Der Beschäftigungszuwachs seit 2008 speist sich allerdings zu gleichen Teilen aus einer Zunahme von sozialversicherten und nicht sozialversicherten Jobs. Kräftige Zunahmen gab es besonders seit 2010 bei Teilzeit- als auch bei Leiharbeit. Etwa 26 000 Berliner hatten 2010 Leiharbeitsjobs, womit ihr Anteil mit 1,9 Prozent noch relativ gering ist. 108 000 Berliner hatten Minijobs, in 42 Prozent der Betriebe gab es 2010 solche geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, im Vorjahr waren es 36 Prozent. Damit habe Berlin mit 42 Prozent den höchsten »Flexibilisierungsgrad« erreicht, heißt es im Betriebspanel, bundesweit liege er im Durchschnitt bei 37 Prozent.

Untersucht wurden auch die Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten. Demnach hat sich der Anteil einfacher Tätigkeiten deutlich verringert. 2010 waren auf solchen Arbeitsplätzen nur noch 18 Prozent der Beschäftigten eingesetzt. Demgegenüber setzten 53 Prozent der Arbeitsplätze einen Berufsabschluss voraus, 23 Prozent ein Hochschul- oder Fachschulstudium. Dieses hohe Qualifikationsniveau stelle bei der Standortwerbung einen wichtigen Vorzug Berlins dar, so das IAB.

Noch Reserven sieht es bei der Berufsausbildung. Mitte 2010 bildeten 22 Prozent aller Betriebe Lehrlinge aus. Die Gruppe der ausbildungsberechtigten, aber nicht ausbildenden Betriebe bilde mit 25 Prozent aber »ein beachtliches Potenzial für ein höheres Ausbildungsplatzangebot«. Die Betriebe übernehmen aber wieder mehr Lehrlinge nach abgeschlossener Ausbildung. Während die Übernahmequote in den 1990er Jahren sank, steigt sie seit 2000 wieder an und liegt nun bei 57 Prozent und damit über dem Durchschnitt der neuen Bundesländer (53 Prozent). In den alten Bundesländern liegt er bei 62 Prozent.

Fazit der Untersuchung: Berlin ist ein interessanter Wirtschaftsstandort. Im Ländervergleich nimmt die Stadt einen Spitzenplatz ein. Insbesondere das Qualifikationsniveau der Erwerbstätigen und die Innovationskraft der Betriebe zeichnen Berlin als herausragenden Standort aus.

Arbeitssenatorin Carola Bluhm (LINKE) zieht aus dem starken Zuwachs an qualifizierter Beschäftigung vor allem den Schluss, die Anstrengungen zur Qualifizierung für den wachsenden Fachkräftebedarf zu verstärken. »Hier können auch vermehrt Langzeitarbeitslose zum Zug kommen. Denn viele verfügen über gute Qualifikationen, die durch Zusatzausbildungen zu ergänzen sind.« In diesem Zusammenhang kritisiert sie die Sparmaßnahmen der Bundesregierung bei den Arbeitsmarktmitteln. »Wir brauchen diese Mittel, das können wir als Land nicht kompensieren.«

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