Charité hält an Museum fest
(epd). Die Berliner Charité will ungeachtet finanzieller Probleme an ihrem über 100 Jahre alten Medizinhistorischen Museum festhalten. Eine Schließung sei ausgeschlossen, die Abgabe des Museums definitiv nicht beabsichtigt, sagte Charité-Sprecherin Stefanie Winde am Mittwoch in Berlin. Allerdings müssten für das stark defizitär arbeitende Museum alternative Finanzierungsmöglichkeiten gesucht werden. Aus den Erlösen der Krankenversorgung und den öffentlichen Zuschüssen für Lehre und Forschung dürften die Gelder nicht kommen. Der Charité-Vorstand werde Ende September oder Anfang Oktober eine endgültige Entscheidung fällen.
Eine Zeitung hatte zuvor berichtet, dass sich die Uniklinik von der Sammlung trennen will, die einst der Mediziner Rudolf Virchow (1821-1902) aufgebaut hatte. Danach seien im Vorstand der Klinik neben der Schließung der weltberühmten Sammlung auch ein Trägerwechsel und eine Fusion mit einem anderen Museum diskutiert worden.
Der Deutsche Kulturrat äußerte sich am Mittwoch besorgt über die Berichte. Auch der Leiter des Medizinhistorischen Museums, Thomas Schnalke, warnte in den Medien, es drohe die Zerstörung einer kulturell sehr wertvollen Einrichtung. »Das ist ein Skandal«, sagte er. Kultur werde nur noch unter ökonomischen Gesichtspunkten definiert, kritisierte Schnalke. Der Leiter der Rechtsmedizin an der Charité, Michael Tsokos, nannte die Vorstandspläne laut Medienberichten »sehr bedenklich«. Ähnlich äußerte sich der Chef des Fakultätspersonalrates, Christoph Berndt.
Sprecherin Winde betonte indes, die Charité wisse »den herausragenden Wert der medizinhistorischen, kulturellen und öffentlichkeitswirksamen Arbeit des Medizinhistorischen Museums sehr zu schätzen«. Das Betreiben des Museums zähle aber nicht zu den Kernaufgaben der Charité.
Die Kosten für das Museum lagen 2010 nach Charité-Angaben bei rund einer Million Euro. Rund 300 00 Euro würden jährlich über Einnahmen erwirtschaftet, das verbleibende Defizit von 700 000 Euro werde durch Einsparmaßnahmen bis Anfang 2012 auf bis zu 500 000 Euro gesenkt werden, so Winde. Weitere Einsparungen seien in der Diskussion, etwa durch preiswertere Depots für nicht ausgestellte Exponate und Erlössteigerungen durch höhere Eintrittspreise und Fremdvermietungen in der Hörsaalruine. Laut Museum kommen pro Jahr etwa 100 000 Besucher in das Haus.
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