Nachdenken über einen Blitzableiter

Kleist-Jahr: Ulrich Matthes liest »Michael Kohlhaas« auf 4 CDs

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 7.0 Min.

Der »Michael Kohlhaas«, Heinrich von Kleists Geschichte aus dem 16. Jahrhundert, ist ein besonders deutsches Lehrbeispiel der weltanschaulich begründeten, ethisch befeuerten Vereinnahmung geworden. Der Rosshändler Kohlhaas muss an der Grenze zwischen Sachsen und Brandenburg dem Junker einer grenznahen Burg eine bislang unübliche Sicherheitsgarantie hinterlassen, es kommt zu einem Handel mit zwei Pferden als Pfand – daraus wird ein lokaler Rechtsstreit, daraus ein quasi reichsweiter Skandal mit Luther-Beteiligung: Gott – also die Furcht vor ihm – ist anscheinend tot, noch bevor Nietzsche geboren wurde. Denn: Ein unfassbarer terroristischer Zug des Kohlhaas fand statt, aus Gesinnungshelfertum wurde Mob, und das Einklagen guten alten, ewigjungen Rechts mündete in Mord und brennende Städte.

Die Vereinnahmung besteht seit langem in der Übertragung des Falls in die jeweils zeitgenössische Sehnsucht nach Gerechtigkeit – weil der Einzelne i...


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.