Psychologische Kriegführung mit »Friedensmarsch«

Georgien plant offenbar Demonstration zur Grenze Südossetiens / Moskau warnt Tbilissi vor neuem Abenteuer

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.
Scharf hat das russische Außenministerium gegen einen sogenannten Friedensmarsch protestiert, den Georgien für Freitag an die Grenze seiner abtrünnigen Region Südossetien plant.

Die Unabhängigkeit Südossetiens hatte Moskau auf den Tag genau am Freitag vor drei Jahren – am 26. August 2008 – und damit direkt nach dem russisch-georgischen Fünf-Tage-Krieg im Südkaukasus anerkannt. Dessen unmittelbarer Anlass war der Einmarsch georgischer Truppen mit dem Ziel, Südossetien wieder unter Kontrolle zu bringen. Russland, das die Separatisten seit deren Unabhängigkeitserklärung 1992 unterstützt, zwang Tbilissi zum Rückzug und schloss mit Südossetien einen Freundschaftsvertrag, der auch die Stationierung russischer Truppen erlaubt. Georgien dagegen sieht Südossetien weiter als Teil seines Hoheitsgebiets und wird darin vom Westen unterstützt.

Mit dem Friedensmarsch zum dritten Jahrestag seiner Niederlage plane Tbilissi ein »massenhaftes illegales Eindringen« in seine ehemalige Provinz, die unter dem militärischen Schutz Russlands steht, heißt es daher in einer Erklärung des russischen Außenministeriums. Das sei gefährlich und eine unverantwortliche Provokation. »Wir warnen die georgische Seite entschieden vor einem neuen Abenteuer in der Region«, steht wörtlich in dem Papier, das auch andere Staaten zu »unmissverständlichen Signalen« an die georgische Regierung aufruft.

Nach russischer Darstellung hat Georgien für den Marsch bereits über 3000 Teilnehmer rekrutiert. Vor allem Kriegsflüchtlinge: ethnische Georgier, die vor dem Krieg rund um die südossetische Hauptstadt Zchinwali kompakt siedelten. Sie wurden bei den Kämpfen vertrieben, ihre Dörfer niedergebrannt. Moskau behauptet, das georgische Flüchtlingsministerium schrecke bei der Anwerbung von Demonstranten vor Druck und Drohungen nicht zurück. In einer Reihe von Fällen müssten die Vertriebenen sich schriftlich verpflichten, am Friedensmarsch teilzunehmen.

Tbilissi dementierte nicht nur die Anwendung von Zwang. Es gebe nicht einmal Pläne für einen Marsch. Russische Medien dagegen verweisen darauf, dass Georgien schon mehrfach versuchte, Südossetien mit Friedensmärschen zurückzuholen. So sollten bereits im November 1989, als Südossetien von Tbilissi mehr Autonomierechte forderte, Tausende nach Zchinwali zu einer Kundgebung für die Einheit Georgiens marschieren. Einheimische stoppten sie am Stadteingang, es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Hunderten Verletzten.

Auch Georgiens Staatschef Michail Saakaschwili, der sich erst kürzlich von seinem russischen Amtskollegen Dmitri Medwedjew vorhalten lassen musste, er trage die alleinige Schuld am Augustkrieg im Jahr 2008, plante im September 2007 einen Friedensmarsch nach Zchinwali, ließ den Plan nach heftigen Protesten Russlands jedoch fallen.

ND-Karte: Wolfgang Wegener

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