Kein Öl aus Kanadas Teersand

US-Wissenschaftler warnen Obama vor negativen Klimafolgen

  • Stephen Leahy (IPS), Uxbridge
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Energiehunger der USA sucht auch beim nördlichen Nachbar Nahrung. Doch nun gibt es Kritik von US-Wissenschaftlern an der Ausbeutung dortiger Teersandvorkommen.

US-Präsident Barack Obama erhielt vor wenigen Tagen brisante Post. In einem offenen Brief forderte eine Gruppe renommierter Wissenschaftler aus US-Forschungsinstituten den Staatschef auf, der »Keystone XL-Pipeline« nicht zuzustimmen. Die sieben Milliarden US-Dollar teure Leitung soll Schweröl aus den Teersandfeldern im Norden der kanadischen Provinz Alberta zu den US-Raffinerien in Oklahoma und Texas bringen. Das aus Teersand gewonnene kanadische Rohöl gilt wegen des hohen Energieaufwands für die Extraktion als besonders klimaschädlich.

Deshalb appellierten die Experten in ihrem Schreiben an Obama, das Pipeline-Projekt zu stoppen. »Es macht keinen Sinn, das im kanadischen Teersand gebundene Bitumen zu fördern und zu raffinieren, denn die Exploration zerstört nicht nur die Umwelt. Mit diesem fossilen Brennstoff hinterlassen wir unseren Kindern und Enkeln ein Klimasystem, das nicht mehr kontrollierbar ist.« Und weiter heißt es in dem Schreiben: »Sie als Präsident werden erklären, es bestehe ein ›nationales Interesse‹ an dem Projekt. Doch wir sind entschieden der Meinung, dass es weder im Interesse unseres Landes noch im Interesse unseres Planeten ist.« Zu den 20 Unterzeichnern des Offenen Briefes gehören der Klimaforscher James Hansen von der NASA, Ken Caldeira von der Carnegie Institution, Ralph Keeling von der Scripps Institution of Oceanography und George Woodwell, Gründer des Woods Hole Research Center in Massachusetts.

Der deutsche Wissenschaftler Malte Meinshausen vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung teilt die Kritik seiner US-Kollegen. Das Pipeline-Projekt werde für große zusätzliche Mengen an CO2-Emissionen sorgen, die sich auf den Klimawechsel auswirken.

»Willkommen in Absurdistan«, kommentieren kritische Beobachter Kanadas energiepolitischen Zickzackkurs. 1998 war das damals liberal regierte Kanada unter den ersten Staaten, die das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz unterzeichneten. Unter den Vorgaben des Kyoto-Protokolls wollte Kanada das Ziel, bis Ende 2012 seine Treibhausgasemissionen um 240 Millionen Tonnen zu senken, mit Hilfe einer Dreier-Strategie aus Anreizen, Vorschriften und steuerlichen Maßnahmen erreichen.

Doch der Konservative Stephen Harper, der nach den Parlamentswahlen 2006 in Ottawa eine Minderheitsregierung bildete, war mit dem erklärten Ziel angetreten, das Kyoto-Protokoll zu kippen. Stattdessen kündigte Harper ein hausgemachtes Programm gegen den Klimawandel an. Auf fünf Jahre verteilt sollte es insgesamt zwei Milliarden Dollar kosten. US-Präsident Obama und Kanadas Regierungschef Harper betonen immer wieder ihre Besorgnis über den Klimawandel und haben versprochen, in ihren Ländern die CO2-Emissionen bis 2020 wesentlich zu verringern. Noch auf der Klimakonferenz von Kopenhagen versprach Harper, bis 2020 werde der CO2-Ausstoß von 710 Millionen Tonnen auf 607 Millionen Tonnen verringert. Ein Regierungsbericht sieht statt dessen einen Anstieg – auch dank Ölsand.

Ölsand

Öl- oder Teersand ist eine der sogenannten unkonventionellen Ölquellen. Unkonventionell deshalb, weil das Öl nicht einfach aus dem Bohrloch sprudelt, sondern mit extrem hohem Umweltverbrauch – vor allem Energie und Tagebauflächen – gewonnen wird. Es handelt sich geologisch um Sandstein, der von Rohöl oder auch nur zähem Schwer- und Schwerstölen durchtränkt ist. Das Material wird im Tagebau gefördert. Mit Hilfe von Heißwasser oder unter Tage mit Heißdampf wird das Öl extrahiert. Im Durchschnitt sind zwei Tonnen Ölsand für ein Barrel Rohöl nötig.

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